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Sehnen und Hoffen

Von

Wenn wir an den Gräbern stehn
Der Geliebten, der Gespielen,
Fühlen wir ein mildes Wehn
Unsre heiße Wange kühlen,
Und ein Licht, ein heller Strahl,
Leuchtet in dem Schauerthal.

Todeswehen, Grabesluft,
Erde, sind es deine Bande,
Oder kamst du Lebensluft,
Von dem fernen, sel′gen Strande,
Winkest du von drüben her,
Holdes Licht uns über′s Meer?

Sehnen kann von Hoffen nicht,
Himmel nicht von Erde lassen,
Was die Sehnsucht sich verspricht,
Mag die Hoffnung fröhlich fassen;
Himmel neigt sich gern herab,
Zu den Thränen, zu dem Grab.

Winter flieht und Frühling naht;
Scheuch′ den Traum, du mußt erwachen,
Blüten schmücken schon den Pfad,
Und am Ufer harrt ein Nachen;
Steig′ hinein mit gläub′gem Sinn,
Schau′ nach jenem Ufer hin.

Eines Lebens Athem weht
Durch der Schöpfung weite Räume,
Eines Gottes Ruf ergeht
An die Menschen, Sterne, Bäume,
Halte dran in Lieb′ und Treu,
Einst wird alles jung und neu.

Der die Lieb′ in unsrer Brust
Und die Flammen all entzündet,
Hat der holden, regen Lust
Auch den ew′gen Trost verkündet:
Kling′, o süße Botschaft, fort,
Leben ist so hier als dort.

Pflanzt es auf die Gräber hin
Unsrer Hoffnung Siegeszeichen,
Daß der Lebens-Königin
Alle Todesschauer weichen;
Ueber Schmerz, und Grab und Zeit
Heb′ uns hoch, Unsterblichkeit.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Sehnen und Hoffen von Max von Schenkendorf

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sehnen und Hoffen“ von Max von Schenkendorf ist eine tiefgründige Reflexion über Tod, Trauer, Hoffnung und das Streben nach Unsterblichkeit. Es beginnt mit der Beschreibung der Trauer am Grab geliebter Menschen und dem Gefühl eines „milden Wehn“, das die heißen Wangen kühlt. Gleichzeitig erblickt das lyrische Ich einen „hellen Strahl“, ein Licht, das Hoffnung in die dunkle Welt der Trauer bringt. Dieser Lichtstrahl wird als Zeichen des Lebens von jenseits des Todes gedeutet, ein Wink von einem „fernen, sel′gen Strande“.

Die zweite Strophe hinterfragt, ob die Elemente des Todes, wie „Todeswehen“ und „Grabesluft“, wirklich das Ende sind, oder ob sie nicht vielmehr durch die „Lebensluft“ des Jenseits überwunden werden. Die Sehnsucht nach den geliebten Verstorbenen und die Hoffnung auf ein Wiedersehen in einem anderen Leben werden hier thematisiert. Die Verbindung zwischen Sehnen und Hoffen, zwischen Himmel und Erde, wird in der dritten Strophe betont. Das Gedicht stellt fest, dass Sehnsucht und Hoffnung untrennbar miteinander verbunden sind und dass die Hoffnung dazu dient, die Versprechen der Sehnsucht zu verwirklichen.

In den folgenden Strophen wird das Gedicht optimistischer. Der „Winter flieht und Frühling naht“, ein Bild des Wandels und der Erneuerung. Es wird dazu aufgerufen, „mit gläub′gem Sinn“ in einen „Nachen“ zu steigen und „nach jenem Ufer hin“ zu schauen. Der Nachen symbolisiert den Übergang, vielleicht den Übergang ins Jenseits oder in ein neues Leben. Die zentrale Botschaft des Gedichts ist die Einheit des Lebens, die sich in den „weiten Räumen“ der Schöpfung widerspiegelt. Ein „Gottes Ruf“ ergeht an alle Lebewesen, ein Ruf, der Liebe, Treue und die Hoffnung auf ein ewiges Leben verheißt.

Die letzten beiden Strophen gipfeln in einer Hymne auf die Liebe und die Unsterblichkeit. Die Liebe in der Brust wird als Quelle der Hoffnung und des Trostes gefeiert, und die Botschaft vom ewigen Leben, „hier als dort“, wird verkündet. Die Schlusszeilen rufen dazu auf, die Hoffnung als „Siegeszeichen“ über die Gräber zu pflanzen, damit die „Lebens-Königin“ die „Todesschauer“ überwinden kann. Über Schmerz, Grab und Zeit triumphiert letztlich die Unsterblichkeit. Das Gedicht ist somit eine tröstende Botschaft, die Hoffnung inmitten der Trauer sucht und findet.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.