Im Rheintal gegen die Schweizer hielt der Landsknechte Schar,
des Feindes fester Stellung nahmen sie ungern wahr;
sie sah′n aus ihrem Lager mit Grimm die Höh′n hinauf,
stolzierend in roten Wämsern, gestemmt die Faust am Knauf.
Sie sangen, tanzten und trieben der argen Kurzweil viel,
der Krug lag bei der Trommel und drauf das Würfelspiel.
Sie kneiften in die Wangen und nahmen den Fingerring
der jungen Dirne, die eilig vorbei am Lager ging.
Vor Altmoos hielten ihrer zweitausend an der Zahl,
die Eidgenossen sahen vom Berg herab ins Tal.
Gescholten und vergolten ward mancher Schimpf und Hohn
und manchem kecken Trotzwort ein Schuß dafür zum Lohn.
Da fiel es eines Tages den guten Gesellen ein,
sie wollten zur Hochzeit laden die Hirten auf dem Stein,
sie hingen Brautgewande mit Fleiß um eine Kuh,
sie banden ihr um die Klauen auch nette Schnabelschuh′,
sie wanden um die Hörner ihr einen dicken Kranz
und führten sie mit Bändern hervor als wie zum Tanz.
Es stund die Kuh und brüllte zurück nach ihrem Haus,
da lachten sie und sagten, sie stößt schon Seufzer aus.
Nun wird wohl einer kommen und freien um die Maid,
hei, wie sie prächtig schreitet in ihrem Schweizerkleid!
Sie riefen zu den Hirten nach Altmoos in den Ort:
Kommt doch herab zur Hochzeit, da sagten die: Aufs Wort!
Sie packten ihre Kolben, der Spaß verdroß sie fast,
und als es dunkel wurde, da kamen sie zu Gast.
Sie brachen wie ein Waldstrom herab mit Sturmgetos,
sie stürzten wie die Stiere auf ihre Feinde los.
Sie rannten an und nahmen den Lagerwall im Lauf,
noch eh′ in ihren Zelten die Landsknecht′ sprangen auf.
Die schlugen wie die Bären um sich in ihrer Not,
doch war von hellem Brande das Lager schon entloht.
Da sank manch wackrer Landsknecht hin in den roten Klee,
und die geflohn, ertranken im Rhein und Bodensee.
Die Schweizer aber trieben das Kühlein mit nach Haus
und sagten zueinander: Es war ein feiner Strauß.
Schweizer und Landsknechte
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Schweizer und Landsknechte“ von Hermann Lingg erzählt eine Geschichte von Spott, Täuschung und letztendlicher Vergeltung zwischen Landsknechten und Schweizern. Es beginnt mit der Darstellung der Landsknechte, die gelangweilt und verärgert über die Schweizer in ihren Festungen sind. Sie vertreiben sich die Zeit mit Spielen und erfreuen sich an kleinen Unarten, wie dem Kneifen von Mädchen in die Wangen.
Die zentrale Szene des Gedichts ist die List der Landsknechte. Sie veranstalten eine falsche Hochzeit mit einer Kuh, die sie als „Braut“ verkleiden und die Schweizer auf diese Weise in eine Falle locken wollen. Dies ist ein klarer Akt der Herabsetzung und ein Versuch, die Schweizer zu verhöhnen und ihre Ehre zu verletzen. Die Landsknechte rechnen mit der Reaktion der Schweizer und erwarten einen humorvollen Ausgang.
Der zweite Teil des Gedichts beschreibt die Reaktion der Schweizer. Sie lassen sich nicht täuschen, sondern interpretieren die „Hochzeit“ als eine Kriegserklärung. Sie greifen daraufhin die Landsknechte an und zerstören ihr Lager mit brutaler Gewalt. Der anfängliche Spott der Landsknechte verwandelt sich in Chaos und Tod, und viele von ihnen werden getötet oder fliehen in den Rhein und den Bodensee, wo sie ertrinken.
Das Gedicht gipfelt in der triumphalen Rückkehr der Schweizer. Sie treiben die Kuh nach Hause zurück und betrachten den Ausgang des Kampfes als eine „feine“ Angelegenheit. Dies unterstreicht die Ironie des Gedichts: Der Versuch, die Schweizer zu demütigen, führt zur Selbstzerstörung der Landsknechte. Das Gedicht dient somit als eine Warnung vor Hochmut und der Gefahr, andere zu unterschätzen, sowie als eine Verherrlichung der Stärke und des Mutes der Schweizer.
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