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Schäfers Klage

Von

Wie wird mir nun geschehen,
Da ich dich lassen muß,
Und dich nicht mehr soll sehen?
Ach, bittrer Scheidegruß!
Du reißest dich von mir,
O Hirtin, meine Zier!
Ich möcht′ in Angst vergehen –
Der Tod mich trennt von dir!

Ihr Gräslein, helft mir klagen,
Ihr Wäslein allzumal,
Die ihr sie oft getragen
Hier in dem Pegnitzthal.
Ihr seht mich jetzt allein
Und traurig treten ein.
Mich dünkt, ich hör′ euch fragen:
Wo mag die Seine sein?

Wie wird mir doch geschehen,
Wenn ich sie nimmer werd′,
Wo ich sie sahe, sehen
Spaziren um die Heerd′?
Wenn sie nicht mehr im Gras
Wird sitzen, wo sie saß?
Vor Leid werd′ ich vergehen,
Von Weinen werden naß.

Der Bach, von meinen Zähren
Vermehrt und trüb′ gemacht,
Wird auch mein Weinen mehren,
Und was ich vorgebracht,
Den bittern Scheidegruß,
Wird er in schnellem Schuß
Nachlispelnd lassen hören
Und tragen in den Fluß.

Ihr, die ihr sonst gesprungen,
Wenn meine Margaris
Zur Tafel euch gesungen,
Das Grasmahl machte süß,
Es wird euch keine Weid′
Wohl schmecken mehr vor Leid.
Wo Lieder sonst erklungen,
Wird heulen Traurigkeit.

Ach, mir wird weh′ geschehen.
Fahr′ hin, verwich′ne Freud′!
Komm an, mich blaß zu sehen!
Du kömmst, du schwarzes Leid!
Willkommen, Angst und Pein!
Ich mag nicht fröhlich sein.
Mein Licht mußt′ untergehen,
Drum, Nacht, brich du herein!

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Gedicht: Schäfers Klage von Sigmund von Birken

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Schäfers Klage“ von Sigmund von Birken ist eine elegische Klage eines Schäfers über den Verlust seiner Geliebten, die „Hirtin“. Es ist eine eindringliche Beschreibung des Schmerzes und der Verzweiflung, die durch die Trennung von der geliebten Person ausgelöst werden. Der Schäfer beschreibt seine innere Leere, seine Sehnsucht und die Trauer, die sein Leben bestimmt. Das Gedicht ist in fünf Strophen gegliedert, wobei jede Strophe eine Facette des Schmerzes beleuchtet und die Natur als Zeugin und Spiegel der Gefühle des Schäfers dient.

Die erste Strophe etabliert den unmittelbaren Schmerz der Trennung. Der Schäfer ist gezwungen, seine Geliebte zu verlassen und sie nicht mehr zu sehen, was er als „bittrer Scheidegruß“ bezeichnet. Die Hirtin, seine „Zier“, wird ihm entrissen, und er fürchtet, vor Angst zu vergehen. Diese Zeilen verdeutlichen die Tiefe seiner Liebe und die Zerstörung, die die Trennung in seinem Leben verursacht. Die zweite Strophe bezieht die Natur, konkret das Gras, als stilles Zeugnis seiner Trauer mit ein. Er bittet das Gras, das sie einst trug, um Beistand und stellt sich vor, wie die Natur nach seiner Geliebten fragt. Dies verdeutlicht die Verbundenheit des Schäfers mit seiner Umgebung und wie seine Trauer auch die Welt um ihn herum beeinflusst.

In den folgenden Strophen vertieft sich die Beschreibung des Schmerzes. Die dritte Strophe beschreibt die Sehnsucht nach den Orten, an denen sie zusammen waren. Der Schäfer fragt sich, wie er leben soll, wenn er sie nie wieder sehen kann. Die vierte Strophe beschreibt, wie der Bach durch seine Tränen vermehrt wird und somit zu einem weiteren Ausdruck seiner Trauer wird, die er durch die Natur noch verstärkt wahrnimmt. Der Bach, der seine Tränen aufnimmt, wird zum Spiegelbild seiner Verzweiflung und zur Verkörperung seines Kummers.

Die letzte Strophe ist ein Höhepunkt der Verzweiflung. Der Schäfer verabschiedet sich von vergangenen Freuden und heißt Angst, Pein und den Tod willkommen. Er sieht sein Licht untergehen und wünscht sich die Nacht herbei, als wollte er die Dunkelheit und das Ende als einzige Möglichkeit, seinem Schmerz zu entkommen, akzeptieren. Das Gedicht endet mit einer resignierten Akzeptanz des Leids, was die Tiefe der Trauer und die Verzweiflung des Schäfers über seinen Verlust unterstreicht. Das Gedicht ist ein ergreifendes Beispiel für die Liebeslyrik des Barock, in der die Natur oft als Spiegel der menschlichen Seele dient.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.