Sie sähn es gern, ich würde kirre
Sie sähn es gern, ich würde kirre
und beugete mich niederwärts;
sie machten gern mein tapfres Herz
in seinem stolzen Glauben irre.
Sie sagten mir: Es ist vergebens,
du änderst nicht den Lauf der Welt;
Knecht bleibt sie doch! Und dir vergällt
hast du den Sommer deines Lebens.
Wohl, sei es so! Sich fügen lerne,
wem Fügsamkeit genügen kann,
auch Demut schmücket ihren Mann:
Ich aber folge meinem Sterne!
Da hilft kein Rat, da ist kein Wählen,
ich kann nicht anders, wollt‘ ich auch:
Die Freiheit ist mein Lebenshauch,
sie ist die Seele meiner Seelen!
So laßt mich meine Bahn vollenden,
wie sie auch sei, mein Ziel ist mein;
ja, sollt‘ es auch ein Irrweg sein,
ich will ihn doch mit Ehren enden.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Sie sähn es gern, ich würde kirre“ von Robert Eduard Prutz thematisiert den inneren Kampf eines Individuums gegen äußere Widerstände und Zweifel. Der Sprecher wird von anderen Personen, die ihm seine Träume und Hoffnungen ausreden wollen, als eine Figur dargestellt, die sich gegen die gesellschaftliche Norm und die Konformität stellt. Diese Menschen wünschen sich, dass der Sprecher „kirre“ wird, das heißt, dass er von seinem eigenen Weg abkommt und sich den etablierten, sichereren Wegen unterordnet. Sie wollen sein „tapfres Herz“ beirren und ihm den Glauben an seine Ideale nehmen.
Der Sprecher jedoch lässt sich nicht beirren. Trotz der äußeren Stimmen, die ihm sagen, dass es vergebens sei, gegen den „Lauf der Welt“ anzukämpfen, hält er an seinem eigenen Lebensweg fest. Die „Knechtschaft“ der Welt und die Enttäuschung über den „Sommer seines Lebens“ führen nicht dazu, dass er sich unterwirft. Im Gegenteil, er behält seine Haltung der Selbstbestimmung bei, was im Vers „Ich aber folge meinem Sterne“ eine klare metaphorische Wendung nimmt. Der „Stern“ symbolisiert hier den inneren Führer oder das persönliche Ideal, dem der Sprecher treu bleibt.
Das Gedicht setzt dann den Fokus auf die Freiheit als das höchste Gut des Sprechers. Der „Lebenshauch“ der Freiheit ist für ihn gleichbedeutend mit der Essenz seines Daseins. Dies zeigt, dass er nicht nur seine eigenen Wünsche und Ziele verfolgt, sondern dass Freiheit als fundamentaler Bestandteil seiner Existenz verstanden wird. Der Sprecher stellt klar, dass es für ihn keinen anderen Weg gibt: „Da hilft kein Rat, da ist kein Wählen“, was bedeutet, dass er sich nicht von äußeren Einflüssen oder Ratschlägen abbringen lässt. Freiheit ist für ihn eine unaufgebbare Notwendigkeit.
Im letzten Abschnitt des Gedichts spricht der Sprecher eine tiefe Entschlossenheit aus. Auch wenn der Weg, den er geht, als „Irrweg“ angesehen werden könnte, will er diesen mit „Ehren“ zu Ende gehen. Dies ist ein Ausdruck seiner Unabhängigkeit und der Integrität, mit der er sich seinem Lebensweg stellt. Auch wenn dieser Weg nicht dem Standard entspricht, ist er für den Sprecher der richtige, da er in seiner Wahrheit und Freiheit lebt. Das Gedicht stellt somit einen kraftvollen Appell an die Bedeutung des individuellen Glaubens und der Selbstbestimmung in einer Welt, die oft Konformität fordert.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.