Salome
Meines Blutes böser Reigen,
Mordend, flehend.
Sollst dich einem König zeigen –
Mordend flehend.
Sollst umschlingen,
Und umzwingen
Dir ein Haupt,
Schwer von strengem Haar umlaubt.
Dieses Haupt hat sterben müssen,
Nun kann meine Inbrunst küssen
Hassend heute, morgen klagend,
Drohend es im Herzen tragend.
Meines Blutes böser Reigen,
Mordend, flehend…
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Salome“ von Peter Hille thematisiert eine düstere, von Schuld und Verlangen durchdrungene Gefühlswelt, die sich an der biblischen Figur der Salome orientiert. Im Zentrum steht der „böse Reigen“ des Blutes, der auf die verhängnisvolle Verstrickung von Begehren, Hass und Tod verweist. Salome, die im Mythos den Kopf Johannes des Täufers fordert, wird hier als eine von inneren Gegensätzen getriebene Figur dargestellt: mordend und zugleich flehend, hassend und dennoch suchend.
Der Wechsel zwischen aktiven und passiven Impulsen – „mordend, flehend“ – spiegelt eine zerrissene Psyche wider. Die Figur sehnt sich nach dem Haupt des Propheten, doch der Tod bringt keine Erlösung. Vielmehr bleibt das Haupt ein Symbol der unerfüllten und zerstörerischen Leidenschaft, die Salome weiterhin belastet und prägt. Die Ambivalenz zwischen „Inbrunst“ und „Hass“ zeigt, dass die Tat nicht nur von äußeren Umständen motiviert war, sondern von einer inneren Zerrissenheit zwischen Liebe und Grausamkeit.
Hille arbeitet mit einer knappen, fast beschwörenden Sprache, die das Gedicht in einen rituellen, dunklen Ton taucht. Wiederholungen wie „mordend, flehend“ und das erneut aufgegriffene „böser Reigen“ verstärken diesen Eindruck und lassen die Szene wie einen endlosen Kreislauf wirken, aus dem es kein Entkommen gibt. Das Bild des „Haupts, schwer von strengem Haar umlaubt“ erinnert an ein grausames Trophäensymbol und betont die Schwere der Schuld und die Vergänglichkeit des Begehrten.
Insgesamt zeichnet das Gedicht ein psychologisch intensives Bild von Salome als getriebene Figur, deren Tat sie nicht befreit, sondern in einen ewigen inneren Konflikt stürzt. Es geht um Macht, Begehren und das tragische Verharren in Schuld und Schmerz – ein düsteres Spiegelbild menschlicher Abgründe.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.