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Krol Duch

Von

So ein Menschensinn,
Ihr wißt ja nicht,
Wie groß der ist,
Wie gewaltig und fest!
Weilend und eilend
Ein Proteus.
Überallhin, überallhin
Reichen reine Kräfte,
Die sich der Triebe begeben.
In zarten Farben
Atmet der Geist ein seliges Leben,
Bange vor Fülle.
Alles ist von Blumen zu,
Wo gibt es ein Ende?
Über alles rieselst du hin,
Göttlicher Geist,
Und schaust dein selber
Beschwichtigtes Schicksal,
Und freust Dich,
Eines gewaltigen Vaters der Dinge,
Der nirgends wohnt,
Um so glutender naht seine Kraft
Den wachsenden Söhnen,
In ihnen wächst er drängend
Über die Erden,
Neu sie erschaffend,
Unverlassen,
Anders gestaltet,
Kann er die Welten
Und ihr buntes leuchtendes Leben
Ruhend aus sich tun.
Sein Sein schon ist Leben.
Farbige Weihe,
Ungeheure Angesichter
Her zu mir gestellt
Aus der Unendlichkeit,
Und starke deutliche Hände
Mit festen brüchigen Daumennägeln,
Knoten an den Gelenken
Und blauen täglichen Ärmeln,
Oder ziegelroten
Und breitem, weißen, lässigen Aufschlag,
Die kommen mir aus dem klaren,
Dem Blicke weichenden Himmelsgewölbe.
Ein Wortbauer,
Gestalten sinnend,
Gesetze gewinnend
Von hüben
Und drüben,
Zuwartend,
Rein mich putzend
Und liebend, liebend.
Die brennende Sehnsucht
Zum weiteren
Leben und Tod
Und Sterne
Und Sonnenbahnen
Aus meinem helleren,
Tieferen Geiste zu lesen,
Sie wird gestillt nach Gesetzen
Zur Zeit.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Krol Duch von Peter Hille

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Krol Duch“ von Peter Hille entfaltet eine poetisch-mystische Reflexion über den menschlichen Geist und dessen Verbindung zu einer höheren, schöpferischen Kraft. Der Titel, der sich auf den „Königsgeist“ oder einen „herrschenden Geist“ beziehen könnte, verweist bereits auf eine metaphysische Dimension. Zu Beginn betont Hille die Größe und Unermesslichkeit des „Menschensinns“, der als „gewaltig und fest“ beschrieben wird. In der Figur des „Proteus“ – eines antiken Wandlungsgottes – wird die Vielgestaltigkeit und Beweglichkeit des Geistes hervorgehoben: überallhin reicht er, voller reiner, triebfreier Kraft.

Der Geist erscheint im weiteren Verlauf als ein schöpferisches Prinzip, das „in zarten Farben“ ein „seliges Leben“ atmet, das jedoch auch „bange vor Fülle“ ist. Hier zeigt sich eine ambivalente Haltung: Der Geist schöpft aus einer unendlichen Fülle, die jedoch auch überfordern kann. Die Metapher der „Blumen“ als Ausdruck von Schönheit und Reichtum steht für die unbegrenzten Möglichkeiten des Geistes, der „über alles rieselt“ und sich mit der göttlichen Kraft verbindet. Dabei erkennt der Geist sein „beschwichtigtes Schicksal“ und begreift sich selbst als Teil eines „gewaltigen Vaters der Dinge“, einer universalen schöpferischen Macht, die selbst keinen festen Ort hat, aber überall wirksam ist.

Diese göttliche Kraft wächst in den „Söhnen“, in den Menschen, die selbst zu Mitschöpfern einer immer neuen Welt werden. Der Geist ist sowohl das, was erschafft, als auch das, was sich in den Geschöpfen weiterentwickelt – ein kosmischer Kreislauf von Werden und Neuerschaffen. Das Gedicht spielt mit der Idee, dass der Mensch mit seinem Geist an diesem göttlichen Schöpfungsprozess teilnimmt und die Welt „anders gestaltet“ immer wieder neu aus sich heraus hervorbringen kann.

Im letzten Teil treten konkrete Bilder auf: „starke deutliche Hände“ aus dem „Himmelsgewölbe“, die in ihrer Alltäglichkeit mit „brüchigen Daumennägeln“ und „blauen Ärmeln“ eine Verbindung zwischen dem Überirdischen und dem Irdischen herstellen. Hier wird die Vorstellung deutlich, dass das Göttliche in einfachen, irdischen Erscheinungen und Gesten präsent ist.

Hille schließt das Gedicht mit der Sehnsucht, „Gesetze“ des Lebens und der Sterne zu erkennen, die jedoch „zur Zeit“ noch nicht vollständig erfüllt wird. So thematisiert das Gedicht sowohl die spirituelle Größe des Menschen als auch seine Begrenztheit im Streben nach Erkenntnis. „Krol Duch“ vereint mystische, naturphilosophische und poetische Elemente zu einer umfassenden Meditation über den schöpferischen Geist und seine Verbindung zu einer transzendenten Macht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.