Kosmos
Elementarlied
So leichthin lächelnd – Gesetz darin.
Und es ist eine Welt geronnen.
Den Göttern ist eine Welt gelungen,
Wie mir die meine.
Und ihre Qual,
Denn die haben sie.
Qualen tragen die Schönheit.
Ungeheuer.
Und schaffe nicht auch ich?
Dein blühendes Schicksal.
Dein blauer, tauender Frieden-Himmel lächelt
Schmerzlich geschlossen,
Und peitscht mich wieder hinweg von mir.
Und all meine Lieder trinken bitteres Wasser.
Ruhlos peitschenden Mißklang.
Und röten gereizt üppige Gewitterblumen
Zu hohen Ahnungen auf.
Ihrer Kelche verwegen schwellenden Purpur:
Tief in die Brust.
Brennt nicht ihr böses Feuer
Das böse Feuer des schwarzen Gewebes,
Und ich finde nicht Ruh
In allen den wandernden Wogen
Des auseinander-
Geratenen Meeres.
Und es wälzt mich meine lechzende Seele,
Wie der heiße Leib der Höhe
Rötlich ruhlos
Welkt zusammen die wuchtenden Wälder
Grellaufschreienden Gestades.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Kosmos“ von Peter Hille ist ein kraftvoller, fast visionärer Text, der existenzielle Fragen nach Schöpfung, Leiden und innerer Zerrissenheit aufwirft. Das „Elementarlied“ deutet bereits im Titel darauf hin, dass es sich um ein Lied von den Grundkräften des Seins handelt. Das lyrische Ich stellt sich in eine Parallele zu den Göttern, die eine Welt „geronnen“ haben, also aus Chaos eine Form schufen – ähnlich wie der Sprecher sein eigenes Schicksal oder sein eigenes „Schaffen“ reflektiert. Doch dieses Schaffen ist von Qual durchdrungen, wie auch die Schönheit der Götter Qualen in sich trägt.
Das Gedicht ist geprägt von einem starken Spannungsfeld zwischen Schöpfung und Zerstörung, Schönheit und Schmerz. Der „blühende Schicksal“ und der „tauende Frieden-Himmel“ stehen im Kontrast zu den „peitschenden Mißklängen“ und den „bitteren Wassern“, aus denen die Lieder des lyrischen Ichs trinken müssen. Das lyrische Ich erlebt sich selbst als rastlos Getriebener in einer Welt, die von Unruhe und Dissonanz geprägt ist. Auch die Naturbilder spiegeln diese Widersprüchlichkeit wider: „Gewitterblumen“, „böses Feuer“ und „wuchtende Wälder“ vermitteln eine gewaltige, aufgewühlte Szenerie.
Die letzte Strophe intensiviert das Motiv der inneren und äußeren Unruhe. Die Seele wird „gewälzt“ von den „wandernden Wogen“ eines „auseinandergeratenen Meeres“, was ein Bild für den Verlust von innerem Halt und kosmischer Ordnung sein könnte. Der Kosmos selbst erscheint hier als zerrissen und ungestüm. Die Natur mit ihren „grellaufschreienden Gestaden“ und „rötlich ruhlosen“ Höhen wird zur Projektionsfläche einer existenziellen Rastlosigkeit und eines Kampfes zwischen schöpferischer Kraft und zerstörerischem Impuls. Insgesamt ist das Gedicht eine klanggewaltige Meditation über das Spannungsfeld von Ordnung und Chaos im Universum wie auch in der eigenen Seele.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.