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Hymnus an die Dummheit

Von

Dummheit, erhabene Göttin,
Unsere Patronin,
Die du auf goldenem Throne,
Auf niedriger Stirne die blitzende Krone,
Stumpfsinnig erhabenes Lächeln
Auf breitem, nichtssagendem Antlitz –
Königlich sitzest:
Siehe herab mit der Milde Miene
Auf deine treuen, dir nach-
Dummenden Kinder,
Verjage aus dem Land
Die Dichter und Künstler und Denker,
Unsere Verächter,
Vernichte die Bücher, – Traumbuch und Rechenknecht,
Briefsteller und Lacherbsen verschonend,
Und wir bringen ein Eselchen dir,
Dein Lieblingstier,
Dein mildes, sanftes, ohrenaufsteigendes
Lieblingstier
Eine goldene Krippe dafür
Und ein purpurnes Laken von Disteln.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Hymnus an die Dummheit von Peter Hille

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Hymnus an die Dummheit“ von Peter Hille ist eine satirische und zugleich bissige Auseinandersetzung mit der Verehrung der Dummheit in der Gesellschaft. Die „Dummheit“ wird hier ironisch als „erhabene Göttin“ angerufen und mit Attributen versehen, die sowohl religiöse als auch monarchische Züge tragen. Die Verbindung aus Götzenanbetung und Spott schafft eine starke Spannung und entlarvt auf diese Weise eine Kultur, die intellektuelle und kreative Menschen verdrängt und die Mittelmäßigkeit erhöht.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von einer bewusst übersteigerten, hymnischen Form, die die Verehrung der „Dummheit“ wie einen grotesken Kult erscheinen lässt. Das Bild der „blitzenden Krone“ auf der „niedrigen Stirne“ oder das „stumpfsinnig erhabene Lächeln“ auf dem „breiten, nichtssagenden Antlitz“ karikiert die Vorstellung von Macht und Größe, die auf Ignoranz basiert. Die Dummheit wird hier nicht einfach als Mangel beschrieben, sondern als bewusste Macht, die sich gegen alles Geistige und Kreative richtet.

Besonders deutlich wird dies in der Forderung, „Dichter und Künstler und Denker“ zu vertreiben und Bücher zu vernichten – ein klarer Angriff auf alles, was die Aufklärung, Individualität und kritisches Denken symbolisiert. Die ironische Krönung des Gedichts liegt im Opfergeschenk: Ein Esel als „Lieblingstier“ der Göttin, ausgestattet mit einer „goldenen Krippe“ und einem „purpurnen Laken von Disteln“. Dieses Bild verbindet religiöse Anspielungen mit Spott und unterstreicht die Verwechslung von Prunk und Dummheit. Insgesamt entwirft Hille hier eine bittere, aber kunstvoll gestaltete Gesellschaftskritik, die den Kult um die Einfalt als Gefahr für Kultur und Geist entlarvt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.