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Der Sonne Geburtstag

Von

Die Schieferdächer zottig und breit,
Noch wacht kein einzig Haus,
Zartklare Gegend und Einsamkeit,
Da jubelt ein Vöglein sich aus.

Die Sonne zu grüßen, so steigt es hinan
In reiner und reineres Blau,
Bis man es nicht mehr sehen kann,
Nun jubelt die Himmelsau.

Die Schieferdächer zottig und lang,
Schroff ragt ein Berg einher,
Die Mondsichel zart und morgenbang,
Da Wolkenfleisch, blühend und schwer.

Die Lerche hat die Sonne gesehn
Und sinkt nun wieder zu Tal,
Das hören die Morgenwinde und wehn,
Froh glühen die Wölklein zumal.

Kirschbäume stehn und richten sich aus
Und schauen stumm sich um,
Wie Kinder stehn mit Spruch und Strauß
So köstlich blöd und dumm.

Siehe, da blitzt es freudig erhellt,
Da hebt es sich und steigt,
Das liebeleuchtende Antlitz der Welt,
Und unsre Seele schweigt.

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Gedicht: Der Sonne Geburtstag von Peter Hille

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Sonne Geburtstag“ von Peter Hille beschreibt in eindrucksvollen Naturbildern das Erwachen eines neuen Tages, das wie eine feierliche Geburt der Sonne inszeniert wird. Die Atmosphäre ist zu Beginn ruhig und noch von der Nacht geprägt: „Schieferdächer zottig und breit“ und eine „zartklare Gegend“ schaffen eine fast melancholische, stille Szenerie. In dieser frühen Einsamkeit kündigt das erste Vogeljubeln den kommenden Tag an. Die Lerche steigt symbolisch der Sonne entgegen und wird so zur Vorbotin des neuen Lichts.

Mit dem Bild der Lerche, die ins „reiner und reineres Blau“ fliegt, vermittelt das Gedicht die Idee einer immer heller und klarer werdenden Welt. Die Natur reagiert sensibel auf das Erwachen der Sonne: Die Himmelsweite selbst beginnt zu jubeln, die „Himmelsau“ wird damit fast personifiziert als fühlendes Wesen, das die Ankunft des Tages feiert. Die Bildsprache bleibt dabei stets lebendig und zugleich zart, etwa mit der „Mondsichel zart und morgenbang“ oder dem „blühenden und schweren Wolkenfleisch“. Diese Ausdrücke zeigen Hilles Fähigkeit, Natur mit poetischer Intensität und ungewöhnlichen Metaphern darzustellen.

Die Natur scheint kollektiv die Sonne zu erwarten: Kirschbäume „richten sich aus“ und wirken „wie Kinder mit Spruch und Strauß“, eine anrührende, kindliche Geste der Unschuld und Erwartung. Hier wird der Sonnenaufgang beinahe wie ein festlicher Akt beschrieben, dem die Natur still und ehrfürchtig beiwohnt. Die naive Haltung der Bäume verstärkt die Unmittelbarkeit und Reinheit des Morgens, als sei die Welt selbst noch jung und unverbraucht.

Im letzten Vers kulminiert das Gedicht in der feierlichen Erscheinung der Sonne: „liebeleuchtendes Antlitz der Welt“ ist eine besonders innige Metapher, die das Sonnenlicht mit Zärtlichkeit auflädt. Der Sonnenaufgang wird nicht nur als Naturereignis, sondern als fast spiritueller Moment inszeniert, der die Seele zum Schweigen bringt. Die „Geburt“ der Sonne wird so zu einem stillen Höhepunkt, in dem Ehrfurcht, Freude und das Wunder des Lebens in poetischen Bildern zusammenfließen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.