Der schlafende Blitz
Ganz durchzottet
Die heiße lungernde Luft:
Brünstiges Moos.
Und in ihrem Schoß
Da schläft ein bleicher Blitz:
Das kühlende Schwert
In der Scheide des Rächers
O wärest du nieder,
Du bleicher röchelnder Blitz –
Dann wär’s vorbei!
Der Odem der Natur
Ginge wieder frei!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der schlafende Blitz“ von Peter Hille entfaltet eine spannungsgeladene, düstere Naturstimmung, in der die Luft selbst von einer drückenden Hitze und Unruhe geprägt ist. Bereits in den ersten Zeilen wird die Atmosphäre als „heiß“ und „lungernd“ beschrieben – eine fast bedrohliche Stille liegt über der Szene, während das „brünstige Moos“ die Sinnlichkeit und Überhitzung der Natur noch verstärkt. In diesem stickigen, aufgeladenen Raum ruht der „bleiche Blitz“, der zwar schläft, aber jederzeit entfesselt werden könnte.
Der Blitz wird als „kühlendes Schwert“ in der „Scheide des Rächers“ beschrieben, was seine ambivalente Rolle deutlich macht: Einerseits ist er eine zerstörerische Naturgewalt, andererseits auch eine ersehnte Erlösung von der bedrückenden Schwüle. Die Metapher des Schwertes verleiht ihm eine martialische, fast mythische Bedeutung – als Werkzeug einer höheren Macht, das die erstarrte, unterdrückte Natur von ihrer Qual befreien könnte.
Der Ausruf „O wärest du nieder“ bringt das Sehnen nach diesem reinigenden Moment zum Ausdruck, nach dem befreienden Gewitter, das die angestaute Spannung entladen und die Natur aufatmen lassen würde. Der „bleiche röchelnde Blitz“ wirkt wie ein Wesen, das selbst an der Schwüle und dem Druck leidet, aber noch zögert, sich zu entladen.
Hille verarbeitet in diesem Gedicht das Naturmotiv des drohenden Gewitters als Bild für eine angespannte, überladene Welt, die auf den reinigenden Moment der Entladung wartet. Das Gedicht endet mit der Hoffnung auf Befreiung: Erst wenn der Blitz fällt, kann „der Odem der Natur wieder frei“ gehen. Die Natur erscheint hier als empfindsames, atmendes Wesen, das sich nach Erleichterung und Erneuerung sehnt – eine bildgewaltige Allegorie für die Spannung zwischen Stagnation und Befreiung.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.