Das gute Schaf
Ein erschöpfendes Gedicht
Du bist mein Schaf;
Ich bin dir niemals böse.
Und er ist baff;
Er schaut ins Weltgekröse.
Du bist mein Schaf,
Erlöse ihn, erlöse
Auch mich von dem Getöse
Der auferstandnen Jugendzeit;
Sie steht vor mir im Leichenkleid.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Das gute Schaf“ von Paul Scheerbart ist eine kurze, aber eindrucksvolle Reflexion über das Verhältnis des lyrischen Ichs zu einer anderen Person sowie zu der Vergänglichkeit der Jugend. Zu Beginn wird das „Schaf“ als ein vertrauter, unkritischer Begleiter vorgestellt. Der Sprecher betont, dass er dem Schaf „niemals böse“ ist, was eine bedingungslose Zuneigung und Fürsorge suggeriert. Diese einfache, unschuldige Beziehung steht in starkem Kontrast zu der Welt, die der andere („er“) betrachtet, den „Weltgekröse“, das als chaotisch und unübersichtlich wahrgenommen wird.
Die wiederholte Erwähnung des „Schafes“ und die Bitte, „zu erlösen“, vermitteln eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber der unaufhörlichen, verwirrenden Welt, in der der Sprecher und der andere sich befinden. Das Schaf, als Symbol für Unschuld und Ruhe, wird als eine Art Retterfigur präsentiert, die den Sprecher und vielleicht auch den anderen von den drängenden und oft quälenden Anforderungen der Welt befreien könnte. Die Vorstellung von Erlösung verweist dabei auf eine Sehnsucht nach innerem Frieden und Entschleunigung.
Die letzte Zeile des Gedichts bringt eine düstere Wendung. Die „auferstandene Jugendzeit“, die „vor mir im Leichenkleid“ steht, deutet auf eine schmerzhafte Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit und dem Verfall hin. Die Jugend, einst lebendig und voller Möglichkeiten, erscheint jetzt als etwas Totes, etwas, das nicht mehr zu retten ist. Dieser starke Kontrast zwischen der Unschuld des „Schafes“ und der toten Jugend verstärkt das Gefühl der Resignation und der Auseinandersetzung mit dem Verlust.
Das Gedicht ist eine melancholische Betrachtung über den Verlust der Jugend und die Unmöglichkeit, den fließenden, chaotischen Strömen der Zeit zu entkommen. Das „Schaf“ symbolisiert hier das, was inmitten des Lärms und der Turbulenzen der Welt als ruhiger und heiliger Zufluchtsort dienen könnte, während die „auferstandene Jugendzeit“ als ein unaufhaltsamer, schmerzlicher Prozess des Vergehens und des Vergessens dargestellt wird.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.