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Danklied

Von

Gott Lob! Nun ist erschollen
Das edle Fried- und Freudenwort,
Daß nunmehr ruhen sollen
Die Spieß und Schwerter und ihr Mord.
Wohlauf und nimm nun wieder
Dein Saitenspiel hervor,
O Deutschland, und sing Lieder
Im hohen vollen Chor.
Erhebe dein Gemüte
Zu deinem Gott und sprich:
Herr, deine Gnad und Güte
Bleibt dennoch ewiglich!

Wir haben nichts verdienet
Als schwere Straf und großen Zorn,
Weil stets noch bei uns grünet
Der freche schnöde Sündendorn.
Wir sind fürwahr geschlagen
Mit harter, scharfer Rut,
Und dennoch muß man fragen:
Wer ist, der Buße tut?
Wir sind und bleiben böse,
Gott ist und bleibet treu,
Hilft, daß sich bei uns löse
Der Krieg und sein Geschrei.

Sei tausendmal willkommen,
Du teure werte Friedensgab!
Jetzt sehn wir, was für Frommen
Dein Bei-uns-wohnen in sich hab;
In dir hat Gott versenket
All unser Glück und Heil.
Wer dich betrübt und kränket,
Der drückt sich selbst den Pfeil
Des Herzleids in das Herze
Und löscht aus Unverstand
Die güldne Freudenkerze
Mit seiner eignen Hand.

Das drückt uns niemand besser
In unser Herz und Seel hinein
Als ihr zerstörten Schlösser
Und Städte voller Schutt und Stein;
Ihr vormals schönen Felder
Mit frischer Saat bestreut,
Jetzt aber lauter Wälder
Und dürre wüste Heid;
Ihr Gräber voller Leichen
Und blutgen Heldenschweiß
Der Helden, derengleichen
Auf Erden man nicht weiß.

Hier trübe deine Sinnen,
O Mensch, und laß die Tränenbach
Aus beiden Augen rinnen,
Geh in dein Herz und denke nach:
Was Gott bisher gesendet,
Das hast du ausgelacht,
Nun hat er sich gewendet
Und väterlich bedacht,
Vom Grimm und scharfen Dringen
Zu deinem Heil zu ruhn,
Ob er dich möchte zwingen
Mit Lieb und Gutestun.

Ach, laß dich doch erwecken,
Wach auf, wach auf, du harte Welt,
Eh als das harte Schrecken
Dich schnell und plötzlich überfällt!
Wer aber Christum liebet,
Sei unerschrocknes Muts,
Der Friede, den er gibet,
Bedeutet alles Guts.
Er will die Lehre geben:
Das Ende naht herzu,
Da sollt ihr bei Gott leben
In ewgem Fried und Ruh.

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Gedicht: Danklied von Paul Gerhardt

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Danklied“ von Paul Gerhardt ist ein feierlicher Lobgesang auf den Frieden nach einer Zeit des Krieges und Leidens. Es beginnt mit einem freudigen Aufruf an Deutschland, die Waffen ruhen zu lassen und den Frieden mit Gesang zu feiern. Die zentrale Botschaft der ersten Strophe ist das Lob Gottes, dessen Gnade und Güte trotz aller Schrecken Bestand hat.

Doch Gerhardt verknüpft den Dank für den Frieden mit einer kritischen Reflexion über die menschliche Schuld. Die zweite Strophe zeigt, dass der Krieg als Strafe für die Sünden der Menschen verstanden wird. Der „Sündendorn“ ist noch immer lebendig, und selbst nach schwerem Leid gibt es kaum Anzeichen echter Reue. Diese pessimistische Sicht auf die menschliche Natur betont die Notwendigkeit der göttlichen Gnade, denn nur Gott bleibt treu, während die Menschen in ihrer Bosheit verharren.

Die dritte und vierte Strophe preisen den Frieden als göttliches Geschenk, das Wohlstand und Heil mit sich bringt. Doch das Gedicht verschweigt nicht die Narben des Krieges: Zerstörte Städte, verwüstete Felder und Massengräber dienen als mahnende Zeichen für das, was geschehen ist. Der Anblick dieser Spuren soll den Menschen zur inneren Umkehr bewegen, ihn zur Demut und Dankbarkeit führen.

Die letzte Strophe ruft dazu auf, sich nicht erneut in Sorglosigkeit und Sünde zu verlieren. Wer Gottes Frieden wirklich versteht, soll sich wachrütteln lassen und den göttlichen Willen erkennen. Das Gedicht endet mit einer christlichen Hoffnungsperspektive: Der wahre, ewige Frieden liegt in der Gemeinschaft mit Gott, und das irdische Leben soll eine Vorbereitung darauf sein. Paul Gerhardt verbindet hier Lobpreis, Mahnung und eschatologische Hoffnung zu einem tiefgehenden geistlichen Lied, das die Erfahrung von Krieg und Frieden in einen größeren Heilszusammenhang stellt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.