Unsere Stadt ist gar nicht absolut. In die roten, gefleckten Wolkenmassen Sinken die Häuser abends wie zerlassen. Voller Detail. Straßen und Lampenflut.
Behändetes Café voll Köpfen kocht. Im Rock aus Schrei steht Litfaßsäule steif. Wind fliegt vorbei als dunkler Pferdeschweif. Und Hurenlächeln brennt am Kleiderdocht.
Tagestrottoir beschreiten dunkel Träger. Kleider mit alten Flecken roten Munds. Antlitz, auf Hirn gefaltet, friert blutlos.
Ach: nahten reicherblutig Wälder uns Der Stadt entschritten! Und wärmend und bloß Himmel der Farbige, der blaue Neger.
Disclaimer: Historische Einordnung
Dieses Gedicht entstand in einer früheren historischen Epoche und enthält Begriffe oder Darstellungen, die aus heutiger Sicht als diskriminierend, verletzend oder nicht mehr zeitgemäß gelten. Die Veröffentlichung erfolgt ausschließlich zu literatur- und kulturhistorischen Zwecken sowie zur Förderung einer kritischen Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Text und seiner Zeit. Die problematischen Inhalte spiegeln nicht die heutige Haltung der Herausgeber wider, sondern sind Teil des historischen Kontextes, der zur Reflexion über den Wandel von Sprache, Werten und gesellschaftlichen Normen anregen soll.
Das Gedicht „Stadt“ von Paul Boldt zeigt eine düstere und zugleich eindrucksvolle Darstellung urbaner Realität. Die Stadt wird nicht als idealisiert oder vollkommen dargestellt, sondern als ein Ort der Zerrissenheit und Unvollständigkeit. Die „roten, gefleckten Wolkenmassen“ und die Häuser, die „abends wie zerlassen sinken“, schaffen ein Bild von Verfall und Vergänglichkeit, während der Ausdruck „voller Detail“ darauf hinweist, dass die Stadt mit all ihren Facetten und Eindrücken eine chaotische, aber dennoch lebendige Erscheinung ist.
Die zweite Strophe beschreibt die Stadt als einen Ort des ständigen, pulsierenden Lebens. Das „behändetes Café“ ist ein Mikrokosmos der geschäftigen urbanen Welt, in der „Köpfe kochen“ – ein Bild für die ständige geistige und emotionale Aktivität der Menschen. Gleichzeitig wird die Szene von der „Litfaßsäule“ geprägt, die im „Rock aus Schrei“ steif dasteht und den urbanen Lärm und das visuelle Überangebot von Reklame widerspiegelt. Die „Hurenlächeln“, die am „Kleiderdocht brennen“, führen die Vergänglichkeit und den Aufruhr der städtischen Verführung und des Verfalls weiter.
In der dritten Strophe wird das Bild der Stadt noch düsterer. Die „dunkel Träger“ des „Tagestrottoirs“ und die „Kleider mit alten Flecken roten Munds“ verweisen auf das Leben der Stadtbewohner, die durch Armut und Abnutzung gezeichnet sind. Das „Antlitz, auf Hirn gefaltet, friert blutlos“ verstärkt das Gefühl der Entfremdung und Kälte, das die Stadt in ihrer unaufhörlichen Bewegung ausstrahlt. Hier werden die Menschen nicht nur physisch erschöpft, sondern auch geistig ausgebrannt und seelisch verkümmert.
Die letzte Strophe führt eine symbolische Wendung ein, indem der Dichter „reiche, blutige Wälder“ als einen kontrastrierenden Ort zur Stadt vorstellt. Der Wunsch nach dem Naturraum wird als ein Rückzug in etwas Unverdorbenes und Ursprüngliches dargestellt. Die „wärmende“ Natur bietet eine heilende Alternative zur Kälte und Isolation der Stadt. Das Bild des „blauen Negers“ als „Himmel der Farbige“ fügt eine Dimension von kultureller Differenz und gleichzeitig eine Art Erlösung hinzu, die die Stadt in ihrer Negativität hinter sich lassen könnte. Es ist eine Suche nach Frieden und Wärme, die sich der „blutlosen“ Realität der urbanen Welt entgegenstellt.
Weitere Informationen
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Lizenz und Verwendung
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