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Berlin

Von

Die Stimmen der Autos wie Jägersignale
Die Täler der Straße bewaldend ziehn.
Schüsse von Licht. Mit einem Male
Brennen die Himmel auf Berlin,

Die Spree, ein Antlitz wie der Tag,
Das glänzend meerwärts späht nach Rettern,
Behält der wilden Stadt Geschmack,
Auf der die Züge krächzend klettern.

Die blaue Nacht fließt in den Forst,
Sie fühlt, geblendet, daß du lebst.
Schnellzüge steigen aus dem Horst!
Der weiße Abend, den du webst,

Fühlt, blüht, verblättert in das All.
Ein Menschenhände-Fangen treibst du
Um den verklungnen Erdenball
Wie hartes Licht; und also bleibst du.

Wer weiß, in welche Welten dein
Erstarktes Sternenauge schien,
Stahlmasterblühte Stadt aus Stein,
Der Erde weiße Blume, Berlin.
Die Stimmen der Autos wie Jägersignale
Die Täler der Straße bewaldend ziehn.
Schüsse von Licht. Mit einem Male
Brennen die Himmel auf Berlin,

Die Spree, ein Antlitz wie der Tag,
Das glänzend meerwärts späht nach Rettern,
Behält der wilden Stadt Geschmack,
Auf der die Züge krächzend klettern.

Die blaue Nacht fließt in den Forst,
Sie fühlt, geblendet, daß du lebst.
Schnellzüge steigen aus dem Horst!
Der weiße Abend, den du webst,

Fühlt, blüht, verblättert in das All.
Ein Menschenhände-Fangen treibst du
Um den verklungnen Erdenball
Wie hartes Licht; und also bleibst du.

Wer weiß, in welche Welten dein
Erstarktes Sternenauge schien,
Stahlmasterblühte Stadt aus Stein,
Der Erde weiße Blume, Berlin.

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Gedicht: Berlin von Paul Boldt

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Berlin“ von Paul Boldt ist eine expressionistische Großstadt-Hymne, in der Berlin als lebendiger, fast überirdischer Organismus erscheint. In dichten, bildgewaltigen Versen erschafft Boldt eine Vision der Stadt, die gleichermaßen modern, überwältigend und geheimnisvoll ist. Das lyrische Ich beobachtet eine Metropole, die in Bewegung, Licht und Klang aufgeht – eine Stadt der Maschinen, der Lichter und der Menschen, die mit kosmischen Dimensionen in Verbindung tritt.

Schon in der ersten Strophe wird Berlin mit Jägersignalen und Lichtschüssen beschrieben – eine Vermischung von Naturbild und Technik. Die Straßen wirken wie Täler, die von akustischen und optischen Eindrücken überflutet werden. Die Stadtlandschaft wird zur Bühne eines spektakulären, fast kriegerischen Schauspiels, in dem das Licht „Brennen“ in den Himmel bringt. Die Spree erhält ein menschenähnliches Antlitz, das „meerwärts späht nach Rettern“ – ein poetisches Bild für eine Stadt zwischen Hoffnung und Unruhe.

Im weiteren Verlauf des Gedichts verschwimmen Grenzen zwischen Natur und Technik, Traum und Wirklichkeit. Schnellzüge steigen „aus dem Horst“, die Nacht „fühlt, geblendet, daß du lebst“ – Berlin wird zu einem lebendigen, atmenden Wesen, das in die Weite des Alls hinein pulsiert. Dabei bleibt es immer ein Ort des Menschlichen: „Ein Menschenhände-Fangen treibst du“ beschreibt die Stadt als Spielplatz menschlicher Interaktion, trotz ihrer Unübersichtlichkeit und Übermacht.

In der letzten Strophe hebt Boldt Berlin endgültig in eine mythische Sphäre: Die Stadt ist „der Erde weiße Blume“, ein Bild von Reinheit, aber auch Vergänglichkeit. Gleichzeitig ist sie „Stadt aus Stein“ – hart, monumental, technisch. Das „erstarkte Sternenauge“ verweist auf eine kosmische Ausstrahlung, die Berlin über das Irdische hinaushebt.

„Berlin“ ist damit ein typisches Beispiel expressionistischer Großstadtdichtung. Die Stadt wird nicht nur beschrieben, sondern als fühlendes, gestaltendes Wesen erlebt. In eindringlichen Bildern und ungewohnten Metaphern fängt Paul Boldt die Faszination und Überforderung des modernen urbanen Lebens ein – voller Energie, Widersprüche und poetischer Erhabenheit.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.