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Melancholie

Von

Ein nacktes Jungfräulein hängt
An einem Galgen: das Blut, das von Mund und Nase
Und sonst herunter geflossen, bildet im Rasen
Eine rote Lache, die mählich schwarz gerinnt
So wie das Blut der lehmigen Pfützen umher
Mit der sterbenden Abendröte vergeht.
Sie sind: die Pfützen, die Augen der Dämmerung.
Doch gegen das weiße ungeküsste Knie des Weibes
Fliegt ein Rabe: Wie unmelodisch
Ein Rabenflügel sich gegen den Rasen zeichnet
Ehe die Dämmerung ganz herein ist.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Melancholie von Otfried Krzyzanowski

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Melancholie“ von Otfried Krzyzanowski vermittelt eine düstere, beinahe verstörende Bildsprache, die den Leser sofort in eine Atmosphäre des Grauens und der Trauer zieht. Es beschreibt ein nacktes Jungfräulein, das an einem Galgen hängt, und das Bild von Blut, das vom Körper der Leiche fließt und in den Rasen sickert, lässt eine unheimliche, morbide Szenerie entstehen. Die Verfärbung des Blutes zu Schwarz wird von der sterbenden Abendröte begleitet, was das Gefühl von Vergänglichkeit und Tod verstärkt.

Die Pfützen, die das Blut hinterlässt, werden als „Augen der Dämmerung“ bezeichnet, was eine symbolische Bedeutung trägt. Augen sind oft mit dem Sehen und Wahrnehmen von Wahrheiten verbunden, und hier könnten sie für das Ende des Tages und das Herannahen der Dunkelheit stehen. Diese Pfützen spiegeln die letzten Blicke des Lebens wider, bevor die Nacht (und mit ihr der Tod) endgültig einsetzt.

Die plötzliche Wendung, als ein Rabe auf das Bild erscheint, trägt zur Verstärkung der Melancholie bei. Der Rabe, ein häufiges Symbol für den Tod, bringt eine düstere Wendung in das Bild der Dämmerung. Der „unküsste Knie des Weibes“ verweist möglicherweise auf die Unschuld und Reinheit, die in einem tragischen Moment der Zerstörung oder des Verlusts aufgebraucht wurde.

Krzyzanowski kombiniert hier visuelle Eindrücke mit symbolischen Motiven, die den Tod und das Ende einer Lebensphase thematisieren. Das Gedicht wirkt fast wie eine Momentaufnahme des Schmerzes und der endgültigen Vergehens, in der die Natur und der Tod in einem untrennbaren Zusammenhang stehen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.