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Nun weh und dreimal weh

Von

Fünf neue Lieder auf den kläglichen und höchstbetrübenden
Hingang des edlen Prinzen genannt Held Karneval zu Düsseldorf

Februar 1848

Als der Minister Bodelschwingh den Karneval zu Düsseldorf,
nach mehr als zwanzigjährigem Bestehen, durch Ministerialreskript
verboten hatte.

(Auszug)

1.

Nun weh und dreimal weh, ihr Zecher,
hinauf, hinab den grünen Rhein,
nun werft in Scherben alle Becher
und mischet Wasser in den Wein!
Der liebste Fürst in unsern Tagen,
der liebste mir, ich sag′ es frei,
Held Karneval, der liegt erschlagen,
erschlagen von der Polizei!

Wer in dem Glanz der goldnen Locken,
wer sah so stolz, so froh darein?
Wen läuteten die Rheinweinglocken
so feierlich, so fröhlich ein?
So recht nach Gottes Ebenbilde,
ein König und ein Kind zugleich,
wer war, wie er, so sanft und milde,
wo war ein Joch, wie seins so weich?

Nicht Orden hatt′ er oder Wappen,
er hatte Söldner nicht noch Heer:
Die Narrengunst, die Schellenkappen,
das war sein ganzes Militär.
Und wer die meisten Becher leerte,
der allerlustigste Patron,
das war der dreimal Hochgeehrte,
der Nächste war das seinem Thron.

Nun in der Blüte seiner Jahre
hat ihn die Polizei umstrickt,
nun einsam liegt er auf der Bahre,
von einem Bodelschwingh erdrückt!
Wir aber wolln die Gläser heben
und rufen dennoch frank und frei:
Der tote Karneval soll leben
und pereat die Polizei!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Nun weh und dreimal weh von Robert Eduard Prutz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nun weh und dreimal weh“ von Robert Eduard Prutz, geschrieben im Februar 1848, ist eine elegische Reaktion auf das Verbot des Karnevals in Düsseldorf durch den preußischen Minister Bodelschwingh. Der Text greift auf eine überaus pathetische und leicht ironische Weise die Trauer über den Verlust des Karnevals auf, wobei die Sprache und Bildsprache an die Trauerfeierlichkeiten für einen hochgestellten Würdenträger erinnern. Das Gedicht ist Teil einer Sammlung von „fünf neuen Liedern“ die den „kläglichen und höchstbetrübenden Hingang“ des „edlen Prinzen genannt Held Karneval“ zum Thema haben und somit eine Form des Protestes gegen die politische Entscheidung darstellen.

Die ersten Strophen zeichnen ein Bild von Karneval als einem „liebsten Fürsten“ und „König und ein Kind zugleich“. Prutz nutzt Metaphern wie „Glanz der goldnen Locken“ und „Rheinweinglocken“ um die festliche Atmosphäre und die Lebensfreude des Karnevals zu beschreiben. Die Zeilen sind durchzogen von einer Mischung aus überschwänglicher Lobpreisung und einem klaren Gefühl des Verlustes. Die Verwendung des Imperativs „nun weh“ und die mehrfache Wiederholung verstärken die Trauer über den Verlust und setzen diesen in krassen Kontrast zur feierlichen und freudigen Atmosphäre des Karnevals, die zuvor beschrieben wurde. Die Beschreibung Karnevals als „sanft und milde“ unterstreicht die Gegenüberstellung zum politischen Machtapparat.

Die dritte Strophe konzentriert sich auf die Symbole und Machtstrukturen des Karnevals. Der Karneval wird hier als eine Institution ohne militärische Macht dargestellt, da seine „Narrengunst, die Schellenkappen“ und die Trinkfreudigkeit seine Stärke darstellen. Diese Beschreibung unterstreicht die Unschuld und den spielerischen Charakter des Karnevals, der im Gegensatz zur staatlichen Ordnung steht. Die fehlenden militärischen Mittel und die Betonung der „Narrengunst“ weisen darauf hin, dass der Karneval, im Gegensatz zur Polizei, keine Gewalt oder militärische Mittel zur Durchsetzung seiner Macht einsetzt.

Der Höhepunkt des Gedichts liegt in der direkten Konfrontation mit der politischen Macht, dargestellt durch den Minister Bodelschwingh und die „Polizei“. Karneval wird „von einem Bodelschwingh erdrückt“, was eine deutliche Anspielung auf die staatliche Repression darstellt. Der Schluss des Gedichts ist ein trotziger Aufschrei der Hoffnung und des Widerstands. Durch den Trinkspruch „Der tote Karneval soll leben / und pereat die Polizei!“ wird nicht nur der Karneval verherrlicht, sondern auch die Politik der Obrigkeit verhöhnt. Die Ironie liegt in der Überhöhung des Karnevals und der gleichzeitigen Abwertung der staatlichen Autorität, womit Prutz die Zensur und das Verbot kritisiert.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.