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Winternacht

Von

Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
Es kracht der Schnee von meinen Tritten,
Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
Nur fort, nur immer fortgeschritten!

Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
Den Zweig zurück zur Erde richten.

Frost! friere mir ins Herz hinein,
Tief in das heißbewegte, wilde!
Dass einmal Ruh mag drinnen sein,
Wie hier im nächtlichen Gefilde!

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Gedicht: Winternacht von Nikolaus Lenau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Winternacht“ von Nikolaus Lenau fängt die kalte, nahezu erstarrte Atmosphäre einer winterlichen Nacht ein und nutzt die Natur als Spiegelbild für die innere Befindlichkeit des lyrischen Ichs. Zu Beginn wird eine frostige Kälte beschrieben, die nicht nur die äußere Welt betrifft, sondern auch das innere Erleben des Sprechers. Die „erstarrte“ Luft und der „klirrende“ Bart verdeutlichen die Intensität der Kälte, und der Hauch des Sprechers, der dampft, während er in dieser Umgebung voranschreitet, schafft eine starke Kontrastierung zwischen dem lebendigen Körper und der erstarrten, leblosen Natur. Das „immer fortgeschrittene“ Vorwärtsdrängen könnte dabei den Drang des Sprechers symbolisieren, trotz der harschen Umstände voranzukommen.

In der zweiten Strophe wird die stille, „feierliche“ Stille der winterlichen Landschaft thematisiert. Der Mond, der die „alten Fichten“ beleuchtet, schafft eine fast sakrale Atmosphäre. Die Bäume, die „sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt“ sind und ihre Zweige „zur Erde richten“, scheinen in ihrem Zustand der Verfalltheit und Müdigkeit eine Metapher für das menschliche Leben zu sein. Die „Sehnsucht nach dem Tod“ der Bäume könnte als Spiegelbild für die innere Erschöpfung des lyrischen Ichs verstanden werden, das ebenfalls das Bedürfnis verspürt, sich von der Last des Lebens zu befreien. Die Fichten symbolisieren vielleicht die Unaufhaltsamkeit des Verfalls und den Zyklus von Leben und Tod.

Die letzte Strophe bringt eine Wendung, indem der Sprecher den Frost auffordert, „ins Herz hineinzufrieren“. Der Frost soll nicht nur die äußere Welt berühren, sondern auch das innere, „heißbewegte, wilde“ Herz des Sprechers. Diese Bitte, dass der Frost in das Herz eindringen möge, steht im Kontrast zur lebensbejahenden Wärme, die normalerweise mit dem Herzen assoziiert wird. Es ist ein Ausdruck des Wunsches nach innerer Ruhe und Stille – einer „Ruh“, die er im „nächtlichen Gefilde“ der Winternacht findet, die so ruhig und friedlich erscheint. Dieser Wunsch nach innerer Einkehr und Erhebung über die Wirren des Lebens zeigt die Zerrissenheit des Sprechers zwischen der Sehnsucht nach Ruhe und dem wilden, leidenschaftlichen Leben, das ihn antreibt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.