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Die drei Zigeuner

Von

Drei Zigeuner fand ich einmal
Liegen an einer Weide,
Als mein Fuhrwerk mit müder Qual
Schlich durch sandige Heide.

Hielt der eine für sich allein
In den Händen die Fiedel,
Spielte, umglüht vom Abendschein,
Sich ein feuriges Liedel.

Hielt der zweite die Pfeif im Mund,
Blickte nach seinem Rauche,
Froh, als ob er vom Erdenrund
Nichts zum Glücke mehr brauche.

Und der dritte behaglich schlief,
Und sein Zimbal am Baum hing,
Über die Saiten der Windhauch lief,
Über sein Herz ein Traum ging.

An den Kleidern trugen die drei
Löcher und bunte Flicken,
Aber sie boten trotzig frei
Spott den Erdengeschicken.

Dreifach haben sie mir gezeigt,
Wenn das Leben uns nachtet,
Wie mans verraucht, verschläft, vergeigt
Und es dreimal verachtet.

Nach den Zigeunern lang noch schaun
Mußt ich im Weiterfahren,
Nach den Gesichtern dunkelbraun,
Den schwarzlockigen Haaren.

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Gedicht: Die drei Zigeuner von Nikolaus Lenau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die drei Zigeuner“ von Nikolaus Lenau beschreibt eine Szene, in der der Erzähler auf drei Zigeuner trifft, die in der Abenddämmerung an einer Weide ruhen und ihren eigenen, einfachen Lebensrhythmen folgen. Diese Begegnung wird zu einer Reflexion über das Leben und seine unterschiedlichen Formen der Resignation und Freiheit.

Der erste Zigeuner, der in die Fiedel spielt, symbolisiert die Leidenschaft und die ungebundene Freude, die durch die Musik und den „Abendschein“ belebt wird. Seine Musik, die „feurig“ ist, könnte auf das Leben selbst hinweisen, das in seiner Intensität fließt und von einer tieferen, unergründlichen Energie durchzogen ist. Der zweite Zigeuner, der die Pfeife raucht und in einer Art Glückseligkeit schwelgt, repräsentiert die Zufriedenheit in der Resignation – er scheint keine Wünsche mehr zu haben und lässt sich vom Leben treiben.

Der dritte Zigeuner schläft und träumt, während sein Zimbal am Baum hängt. Der Schlaf könnte als Metapher für die Flucht aus der Realität verstanden werden, ein Sich-Verlieren im Traum, weit entfernt von den weltlichen Sorgen. Auch er scheint in einem Zustand der inneren Ruhe, die den Menschen vor den Härten des Lebens schützt. Doch alle drei Zigeuner tragen „Löcher und bunte Flicken“ – ein sichtbares Zeichen für Armut und eine schwierige Existenz, die jedoch nicht in Resignation endet, sondern in einer Form von Widerstand und Verachtung gegenüber den „Erdengeschicken“.

Die abschließende Reflexion des lyrischen Ichs über das, was es von den Zigeunern gelernt hat, wird zu einer scharfsinnigen Kritik an den unterschiedlichen Arten, wie Menschen mit den Widrigkeiten des Lebens umgehen. Das Gedicht spricht von der „Verachtung“ des Lebens, das „verraucht, verschläft, vergeigt“, und die Zigeuner verkörpern eine Art von Anarchie oder Unabhängigkeit, die sich der gesellschaftlichen Normen und Erwartungen entzieht. Sie leben ihre Freiheit auf ihre eigene, selbstgewählte Weise, ohne Rücksicht auf die konventionellen Maßstäbe des „Glücks“.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.