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Nachtmusikanten

Von

Hier sind wir arme Narrn
Auf Plätzen und auf Gassen
Und tun die ganze Nacht
Mit unsrer Musik passen.

Es gibt uns keine Ruh
die starke Liebesmacht,
Wir stehen mit dem Bogen
Erfroren auf der Wacht.

Sobald der helle Tag
Sich nur beginnt zu neigen,
Gleich stimmen wir die Laut,
Die Harfen und die geigen.

Mit diesen laufen wir
Zu mancher Schönen Haus
Und legen unsern Kram,
Papier und Noten aus.

Der erste gibt den Takt,
der andre bläst die Flöten,
Der dritte schlägt die Pauk,
Der vierte die Trompeten.

Ein andrer aber spielt
Theorb und Galischan
Mit gar besonderm Fleiß,
So gut er immer kann.

Wir pflegen auch so lang
An einem Eck zu hocken,
Bis wir ein schön Gespenst
Hin an das Fenster locken.

Da fängt man alsbald an
Vor der Geliebten Tür
Verliebte Arien
Mit Pausen und Suspier.

Und sollten vor der Wacht
Wir endlich weichen müssen,
So macht man, statt der Händ,
Die Läufe mit den Füßen.

Und also treiben wir′s
Oft durch die ganze Nacht,
Daß selbst die ganze Welt
Ob unsrer Narrheit lacht.

Ach, schönste Phyllis, hör
Doch unser Musizieren
Und laßt uns eine Nacht
In deinem Schoß pausieren.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Nachtmusikanten von Abraham a Sancta Clara

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nachtmusikanten“ von Abraham a Sancta Clara zeichnet ein humorvolles und gleichzeitig melancholisches Bild einer Gruppe von Musikanten, die nächtlich durch die Gassen ziehen, um die Gunst ihrer Angebeteten zu erlangen. Die ‚armen Narrn‘ – so bezeichnen sie sich selbst – sind getrieben von der ’starken Liebesmacht‘, die sie unermüdlich agieren lässt, selbst unter widrigen Umständen wie Kälte (‚erfroren auf der Wacht‘).

Die Struktur des Gedichts ist episodisch und beschreibt die nächtlichen Aktivitäten der Musikanten in einer Folge von Versen. Von ihrem nächtlichen Auftreten bis zur Darbietung vor den Häusern der Schönen, die Nutzung verschiedener Instrumente und die eventuelle Flucht vor der Wacht wird alles aufgezeigt. Durch die Verwendung von Begriffen wie „Kram“ für ihre Musikinstrumente und -noten wird eine gewisse Selbstironie und Bescheidenheit ausgedrückt. Die detailreichen Beschreibungen der verschiedenen Musiker und ihrer Instrumente verleihen dem Gedicht eine lebendige und bildhafte Qualität.

Die zentrale Metapher des Gedichts ist die Liebe, die hier als eine unbändige Kraft dargestellt wird, die die Musikanten zu ihrem nächtlichen Treiben antreibt. Ihr Wunsch, die Gunst der ’schönsten Phyllis‘ zu erlangen, steht im Mittelpunkt ihres Tuns. Der letzte Vers, in dem sie die Geliebte direkt ansprechen und um eine Nacht in ihrem Schoß bitten, zeigt ihre Sehnsucht und ihre Hoffnung, trotz all ihrer ‚Narrheit‘ und des Spottes der Welt, doch noch ihr Ziel zu erreichen.

Die Sprache des Gedichts ist volkstümlich und leicht verständlich, mit einer einfachen Reimstruktur, die den Eindruck eines Liedes verstärkt. Dies trägt zur Humor- und Melancholie bei, die das Gedicht prägt. Durch die Vermischung von Humor und Ernst, von der Selbstironie der Musikanten und der Sehnsucht nach Liebe, gelingt es Abraham a Sancta Clara, ein vielschichtiges Bild von Liebe und Leidenschaft zu zeichnen, das den Leser zum Schmunzeln und Nachdenken anregt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.