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Nachtlied

Von

Quellende, schwellende Nacht,
Voll von Lichtern und Sternen:
In den ewigen Fernen,
Sage, was ist da erwacht!

Herz in der Brust wird beengt,
Steigendes, neigendes Leben,
Riesenhaft fühle ich′s weben,
Welches das meine verdrängt.

Schlaf, da nahst du dich leis,
Wie dem Kinde die Amme,
Und um die dürftige Flamme
Ziehst du den schützenden Kreis.

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Gedicht: Nachtlied von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nachtlied“ von Friedrich Hebbel ist eine tiefgründige Reflexion über die Nacht, das Leben und den Tod, eingebettet in eine elegische Stimmung. Es beginnt mit der Beschreibung einer Nacht, die als „quellende, schwellende“ und „voll von Lichtern und Sternen“ dargestellt wird, wodurch ein Gefühl der Fülle und des Geheimnisses erzeugt wird. Die Frage „Sage, was ist da erwacht!“ deutet auf ein Erwachen, eine Transformation hin, die in den Weiten der Nacht verborgen liegt. Die Sprache ist bildhaft und erzeugt eine Atmosphäre von Ehrfurcht und Unbehagen.

Der zweite Abschnitt des Gedichts vertieft diese Ambivalenz. Das lyrische Ich erlebt ein Engegefühl im Herzen, ein Gefühl der Bedrängung durch das „steigendes, neigendes Leben“. Das Leben, das in seiner Größe als „riesenhaft“ wahrgenommen wird, verdrängt das eigene Ich. Dies deutet auf eine Auseinandersetzung mit der Unendlichkeit, der Ewigkeit und der Macht des Lebens, das alles übersteigt. Die Erfahrung der Nacht führt somit zu einer Konfrontation mit der eigenen Vergänglichkeit und der überwältigenden Kraft der Natur.

Der dritte Abschnitt bringt eine Wendung in die Betrachtung. Der Schlaf wird personifiziert und nähert sich dem lyrischen Ich „wie dem Kinde die Amme“. Diese Metapher verbindet den Schlaf mit Geborgenheit und Schutz, was die vorherrschende Stimmung des Unbehagens mildert. Der „schützende Kreis“ des Schlafs um die „dürftige Flamme“ des Lebens deutet auf eine Zuflucht, eine Möglichkeit der Ruhe und des Vergessens hin. Die Flamme, die leicht erlöschen kann, wird durch den Schlaf beschützt, was eine tröstliche Vorstellung von Schutz und Geborgenheit inmitten der großen Nacht und der Bedrohung durch das „Riesenhaft“ wirkende Leben bietet.

Hebbel greift in diesem Gedicht also zentrale Themen wie Leben und Tod, Ewigkeit und Vergänglichkeit auf. Die Nacht wird zum Spiegelbild der menschlichen Seele, in dem sich Sehnsucht, Furcht und Hoffnung spiegeln. Durch die Verwendung von Metaphern und einer eindringlichen Sprache erzeugt er ein tiefes Gefühl der Ehrfurcht vor der Natur und dem Geheimnis des Lebens. Das Gedicht schließt mit einer Versöhnung, indem der Schlaf als Schutz vor der Bedrohung und als Zuflucht vor der Weite der Nacht dargestellt wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.