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D Sonn- und Mau’fanger

Von

Däaffat mi koin Lugnar schealta,
Wenn i sag, as hä der Bussa
Mol a Jungs voar alti Zealta
Gworfa hinter Altha dussa.

Saget it: „Was luigt dear Silli?“
Want er s Rätsle inna weara?
Seahnt, der Aischterbearg isch ’s Fülli
Und der Bussa d Füllamäahra.

Und deam Fülli hot ui d Sonna,
Wenn se drübert num ischt ganga,
Äll Täg s Hor vom Buckel bronna,
Denn dött danna wills nia ranga.

Und so haunt dia obri Gwalta
In der guata Gmoi’d von Altha
Zletschta Rot im Rothous ghalta,
Wia ma‘ d Sach könnt andrischt gstalta

Und am Bearg der Dürre wehra,
Seit do älli Früchta dorret
Und seall d Weackaldurabeera
An die Boscha zema gschmorret.

Sitzet um da Tisch dia Richter
Z halba sechse schau‘ am Morga,
Uff die Stirna, uff die Gsichter
Vola Runzla von de Sorga.

Sait der Schultas: „Mit Exküse,
Sonn und Mau‘, dia muaß ma‘ fanga!“
„Ei’verstanda!“ schreit der Nyse,
„I gi s Gara hear und d Stanga!“

Sait dr Schultas: „Zaischta d Sonna,
Dui hot mit em Fülle d Lusi;
Haunt mer dui, ischt ällas gwonna,
Denn der Mau‘ lauft no, dear Fusi.

Und mer want glei boidi sperra
Uff da Turn ins Uhrahäusle.
Und miar sieba Weatterherra,
Miar regiaret d Wealt noch weisle!“

Und se tant voar Freud jetz lacha –
Wear wött do au s Lacha spara,
Wemma‘ s Weatter seall ka‘ macha
Und äll Johr en Schnitt, en rara?

Woidle stauhnt an diesem Morga
Sonnajäger ganze Schara
Lang voar Tag im Busch verborga
Uffam Bearg mit iahram Gara.

Wo-n-as tagat, weads en bänger
Und a menger hätt gean ghoufet;
Aber s dräut en s Schulza Finger,
Und so trout se koiner z schnoufet.

Mojaschtetisch steigt ui d Sonna
Hintram Bearg rouf gega s Gara,
Und der Schultas schreit: „S ischt gwonna,
Hebet fescht und launt it fahra!“

Doch do will koi‘ Heba batta,
S Schulza’namt fangt ana‘ kratza
Und a‘ fluacha: „Kriasakratta,
Kroutsalot und Leabarspatza!

Jetz, was ischt denn do gauh‘ gwicha“
„O der Bearg,“ sait Büttelhansi.
„So? Noch muaß man pfähla, picha,
Moara gohts glei wieder an sie.“

Um da Bearg rum schlet ma‘ Pföschta,
Soilats a‘ und tuats pitschiara
Und zua älli deani Koschta
Au noh d Frucht verunganiara.

Endli wead as wieder Dämmer
Und der Schultas reit sein Schimmel,
Daß as desmol gang it schlimmer,
Visatiart er Erd und Himmel.

Und so steckt ma‘ wieder Stanga
Uff da Bearg und hängt noch s Gara
An dia Stanga, so muaß langa,
D Sonna nei‘ ins Gara fahra.

Hui! do scheut der Schimmel d Gluata
Von der Sonn, springt na dur d Hecka,
Dunta siehscht da Schultas bluata
Und sein Schimmel gar verrecka!

Und der Büttel, dear ischt bissa,
Und der Bau’wat hinta bacha,
S Gara souber zema grissa –
Soll ma‘ heina, soll ma‘ lacha?

„Haunt er mi im Häusli dinna?“
Hot jetz d Sonna spöttisch glachat
Und derno noh mit ra Zenna
Übram Bearg en Hopser gmachat.

Und wo no der Mau‘ ischt komma,
Tuat er au so Äugla macha.
Guckt er füri hinter Pflumma,
Siehscht a heu’t noh drübert lacha.

Wean do s Buckelbeißa plogat,
Deam woiß i a Kur z verschreibat:
Braucht nu z Altha eabbar z frogat,
Wia s denn Sonn und Mau‘ dött treibat?

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Gedicht: D Sonn- und Mau’fanger von Michel Buck

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „D Sonn- und Mau’fanger“ von Michel Buck ist eine humorvolle, in schwäbischem Dialekt geschriebene Erzählung in Versform. Es nimmt die Eigenheiten von Menschen und Verwaltung aufs Korn und entwickelt daraus eine absurde Geschichte, in der die Obrigkeit versucht, Sonne und Mond „einzufangen“, um damit das Wetter zu kontrollieren. Dahinter verbirgt sich eine bissige Satire auf menschlichen Machtwahn, Bürokratie und den Wunsch, die Natur zu beherrschen.

In der Ausgangslage steht der Bussen, ein Berg in Oberschwaben, im Zentrum des Geschehens. Weil dort angeblich die Sonne jeden Tag so stark scheint, dass es nie regnet und die Früchte verdorren, will der Gemeinderat von „Altha“ (Alltagsname für ein Dorf) eingreifen. Die Monate werden immer heißer, das Land leidet, und der Gemeinderat mit dem „Schultas“ (Schultheiß) und seinen „Weatterherra“ (Wetterherren) schmiedet einen Plan, Sonne und Mond einzufangen und im „Uhrahäusle“ (Uhrenhäuschen) einzusperren – also buchstäblich die Zeit und das Wetter zu kontrollieren.

Mit viel Sprachwitz und Dialektausdrücken schildert Buck die groteske Umsetzung dieses Plans. Die „Richter“ mit „Runzla von de Sorga“ auf der Stirn planen ernsthaft den Fang der Himmelskörper, doch alles endet im Chaos. Die Sonne entwischt, der Schultheiß stürzt mit seinem Schimmel, und die Dorfbewohner bleiben verdutzt, verletzt oder beschämt zurück. Die Natur lässt sich nicht bändigen – sie entzieht sich dem menschlichen Zugriff mit einem spöttischen Lachen.

Gerade durch den Dialekt und die überzeichnete Amtssprache wirkt die Geschichte besonders komisch und volksnah. Gleichzeitig steckt in dem Unsinn eine tieferliegende Kritik: Die Vorstellung, man könne Naturgewalten technisch oder verwaltungstechnisch „einfangen“, ist lächerlich, aber auch erschreckend aktuell. Buck gelingt es, mit ländlichem Humor eine universelle Botschaft zu vermitteln: Der Mensch sollte Demut vor der Natur haben – und nicht glauben, sie mit Holzpfählen, Plänen und Gemeinderatsbeschlüssen bezwingen zu können.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.