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Du und ich

Von

Du und ich!
Wunschlose Seligkeit
Strömt deine Nähe über mich.
Der Alltag wird zur Sonntagszeit,
Unsterblich schlingt das Leben sich
Um uns. Und Menschengöttlichkeit
Fühl‘ ich bei dir durch dich.

Was einst gewesen, weiß ich kaum.
Die enge Welt wird weiter Raum.
Und Holz wird Eisen, Eisen Holz
Und Stolz wird Demut, Demut Stolz.
Gar wunderbare Weisen
Singt dann bei seinen Kreisen
Mein Blut im Paradies für mich.
Es haben alle Wünsche Ruh‘, –
Ich weiß nicht mehr, wer bist dann du.
Ich weiß nicht mehr, wer bin dann ich

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Gedicht: Du und ich von Max Dauthendey

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Du und ich“ von Max Dauthendey beschreibt einen Moment völliger Auflösung des Ichs in der Liebe – ein Zustand ekstatischer Verschmelzung, in dem alle Grenzen zwischen Innen und Außen, Ich und Du, Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen. Bereits die ersten Verse vermitteln ein Gefühl tiefen Friedens: Die Nähe der geliebten Person bringt „wunschlose Seligkeit“, verwandelt den Alltag in „Sonntagszeit“ – also in einen heiligen, zeitentrückten Zustand.

Das lyrische Ich erlebt mit dem Du eine Form der „Menschengöttlichkeit“, ein Begriff, der die Liebe als spirituelle Erfahrung beschreibt. Es ist nicht bloß romantisches Gefühl, sondern ein Bewusstseinszustand, in dem sich Leben, Ewigkeit und Sinn auf besondere Weise bündeln. Die Welt verändert sich: Vergangenheit verblasst, Raum weitet sich, Gegensätze wie „Holz“ und „Eisen“, „Stolz“ und „Demut“ tauschen ihre Eigenschaften. Die Realität wird relativ, wandelbar, fast traumhaft.

Diese Umkehrung und Auflösung von Gegensätzen deutet auf ein mystisches Erleben hin, in dem das rationale Denken keine Rolle mehr spielt. Selbst das eigene Blut „singt“ im Kreis – ein Bild, das das innere Erleben in den Kosmos einbettet, als wäre das Ich Teil eines größeren, harmonischen Ganzen.

Im letzten Verspaar kulminiert dieses Gefühl der Einheit: „Ich weiß nicht mehr, wer bist dann du. / Ich weiß nicht mehr, wer bin dann ich.“ Hier löst sich die Grenze zwischen Subjekt und Objekt auf – ein Zustand völliger Hingabe, aber auch der Selbstauflösung. Die Liebe wird zum transzendentalen Erlebnis, das Identität nicht mehr definiert, sondern überwindet.

Dauthendey gelingt es in diesem Gedicht, die Liebe als Zustand jenseits des Alltags und des Ich-Bewusstseins darzustellen – als eine Art paradiesische Ekstase, die in ihrer Tiefe nicht mehr unterscheidet zwischen dir und mir, sondern nur noch „wir“ kennt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.