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Alles wird wertlos

Von

Als ich Abschied nahm von deinem Mund,
Hielt mich noch dein Haar wie Arme fest;
Ich ward stumm von der Stille jener Stund,
Und von deiner Träne blind,
Die mich nicht mehr verläßt.

Wenn du mich verläßt,
Kann mein Herz nicht fliegen,
Und sitzt wie ein nasser Vogel im Nest.

Sonst seh ich in alle Kammern hinein,
Doch wenn du mich verläßt,
Steh ich an Türen von Stein.

Alles wird wertlos,
Auch’s Gold in der Hand,
Und die Sehnsucht führt mich
Hinkend durchs Land.

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Gedicht: Alles wird wertlos von Max Dauthendey

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Alles wird wertlos“ von Max Dauthendey beschreibt die tiefe seelische Erschütterung, die ein Liebesverlust hinterlässt. Der Abschied von der geliebten Person ist nicht nur ein äußerlicher Moment, sondern wirkt in das Innerste des lyrischen Ichs hinein. Die Szene des Abschieds ist intensiv und sinnlich geschildert: Das Haar der Geliebten hält den Sprecher „wie Arme fest“, eine letzte körperliche Verbindung, die gleichzeitig Nähe und Loslösung andeutet.

Besonders eindrucksvoll ist das Bild der „Träne“, die den Sprecher „nicht mehr verläßt“. Hier wird deutlich, wie sehr der Schmerz des Abschieds sich eingebrannt hat – er ist nicht nur emotional, sondern fast körperlich präsent. Der Verlust führt zur inneren Lähmung: Das Herz, das sonst frei „fliegen“ könnte, wird mit einem „nassen Vogel im Nest“ verglichen – ein kraftloses, erschöpftes Bild für seelische Starre und Einsamkeit.

Auch räumlich zeigt sich die Wirkung des Verlusts: Statt sich wie gewohnt frei zu bewegen („seh ich in alle Kammern hinein“), steht das lyrische Ich nun „an Türen von Stein“ – Symbol für Verschlossenheit, Ausweglosigkeit und emotionale Isolation. Die Welt verliert ihre Offenheit, sie wird starr und leblos, wie versteinert.

In der letzten Strophe wird der existentielle Tiefpunkt deutlich: „Alles wird wertlos“. Selbst das „Gold in der Hand“ hat keinen Glanz mehr, materielle Werte verblassen angesichts der verlorenen Liebe. Die „Sehnsucht“ bleibt als einziger Antrieb – doch sie führt das Ich nur „hinkend durchs Land“, unfähig zur Leichtigkeit, zur Freude oder zum Ziel.

Dauthendey zeichnet mit wenigen, dichten Bildern ein intensives Porträt des Liebesschmerzes. Der Text zeigt, wie tief ein emotionaler Verlust das Erleben der Welt verändern kann – bis hin zur Entwertung aller Dinge und zur lähmenden Einsamkeit. Die Stärke des Gedichts liegt in seiner Verbindung von sinnlicher Bildsprache und existenzieller Tiefe.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.