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Der Tod und das Mädchen

Von

Das Mädchen:
Vorüber! Ach, vorüber!
Geh, wilder Knochenmann!
Ich bin noch jung, geh Lieber!
Und rühre mich nicht an.

Der Tod:
Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund, und komme nicht, zu strafen.
Sei gutes Muts! ich bin nicht wild,
Sollst sanft in meinen Armen schlafen!

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Gedicht: Der Tod und das Mädchen von Matthias Claudius

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Tod und das Mädchen“ von Matthias Claudius stellt einen dramatischen Dialog zwischen einem jungen Mädchen und dem personifizierten Tod dar. In nur zwei Strophen entfaltet sich eine existenzielle Begegnung, die das Spannungsfeld zwischen Lebenswillen und dem unausweichlichen Sterben thematisiert. Die klare Rollenverteilung – das ängstliche, flehende Mädchen und der ruhige, beinahe zärtliche Tod – verleiht dem Gedicht eine besondere emotionale Tiefe.

Das Mädchen spricht zuerst: Ihre Worte sind geprägt von Angst und Abwehr. Der Tod erscheint ihr als „wilder Knochenmann“, als erschreckende, bedrohliche Gestalt. Ihre Jugend wird dabei als Argument gegen den Tod angeführt – sie fühlt sich zu jung, um zu sterben, und bittet darum, nicht berührt zu werden. In diesem kurzen Ausruf zeigt sich die natürliche Angst vor dem Sterben und der Wunsch, das Leben noch nicht aufgeben zu müssen.

Der Tod hingegen antwortet ruhig und beinahe tröstlich. Er nimmt dem Bild des „wilden Knochenmanns“ seine Bedrohlichkeit und spricht das Mädchen als „schön und zart Gebild“ an. Seine Sprache ist mild, fast liebevoll – er sei ein Freund, wolle nicht strafen, sondern Trost bringen. Der Tod erscheint hier nicht als grausamer Feind, sondern als sanfter Begleiter, der einen friedlichen Übergang verspricht: „Sollst sanft in meinen Armen schlafen“.

Claudius entwirft in diesem Gedicht ein menschliches Bild des Todes, das mit der gängigen Vorstellung von Schrecken und Gewalt bricht. Stattdessen wird die Begegnung als letzte, stille Umarmung dargestellt. Die Kontrastierung zwischen Angst und Trost, Jugend und Endlichkeit, Abwehr und Annahme verleiht dem Text seine poetische Kraft. Das Gedicht macht den Tod nicht harmlos – aber es zeigt ihn als Teil des Lebens, dem man sich vielleicht nicht mit Freude, aber doch mit Würde und Vertrauen nähern kann.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.