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Treue

Von

Ihr müsst dies Herz nicht schelten,
Das sich so schwer ergibt,
Könnt schneller es gesunden,
Dann hätt es nie geliebt.

Es gliche dann sein Fühlen
Ja nur dem Morgentau,
Den eine Sonnenstunde
Hinwegküsst von der Au.

Dann wär es wie die Welle,
So leicht und schnell erregt,
Und wie der Sommerfaden,
Den jeder Hauch bewegt.

Doch ach! es gleicht dem Felsen,
Der sich nicht beugen lässt;
Wie er am Schoß der Erde,
Hält es sein Fühlen fest.

Weil man darauf kann bauen,
Wie auf den Felsengrund,
Weil es ein Starkes, Festes,
Wird es so schwer gesund!

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Gedicht: Treue von Luise Büchner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Treue“ von Luise Büchner setzt sich mit der Tiefe und Beständigkeit wahrer Gefühle auseinander und kontrastiert flüchtige Empfindungen mit einer dauerhaften, schwer zu heilenden Liebe. Im Zentrum steht das lyrische Ich, das sich gegen den Vorwurf verteidigt, sein Herz sei zu verschlossen oder unnachgiebig. Vielmehr wird erklärt, dass wahre Liebe gerade in ihrer Beharrlichkeit und Schmerzhaftigkeit ihren Ausdruck findet.

In den ersten beiden Strophen stellt Büchner eine klare Abgrenzung zwischen echter und oberflächlicher Liebe her. Ein Herz, das sich schnell erholt, könne niemals tief geliebt haben. Diese Aussage wird durch das Bild des Morgentaus veranschaulicht – ein Symbol für vergängliche Gefühle, die von der Sonne (vielleicht Sinnbild für neue Zuwendung oder Ablenkung) rasch zum Verschwinden gebracht werden.

Die dritte Strophe verstärkt diese Gegenüberstellung durch weitere Naturbilder: Die Welle, die leicht erregt wird, und der Sommerfaden, den jeder Hauch bewegt, stehen für flatterhafte und instabile Empfindungen. Das lyrische Ich grenzt sich deutlich von solchen Momentgefühlen ab – sein Herz ist nicht flatterhaft, sondern tief verankert.

Die vierte und fünfte Strophe liefern das zentrale Bild des Gedichts: das Herz als Felsen. Dieses Bild steht für Unerschütterlichkeit, Festigkeit und Treue. Das Gefühl des lyrischen Ichs ist nicht beweglich oder flüchtig, sondern tief im Innern der „Erde“ verwurzelt – also in der Tiefe des Seins. Daraus ergibt sich die Schwere des Loslassens: Was so fest gebaut ist, heilt nicht schnell. Die Treue des Herzens ist zugleich seine Stärke und seine Bürde.

Luise Büchners Gedicht zeichnet so das Porträt eines Charakters, dessen Liebesfähigkeit nicht in der Leichtigkeit, sondern in der Tiefe und Unerschütterlichkeit liegt. Die Beständigkeit des Herzens wird als moralisch wertvoll, aber auch als leidvoll beschrieben. In der Reflexion über Liebe und Heilung offenbart sich ein humanistisches Ideal von innerer Wahrhaftigkeit und Treue, das sich jeder Oberflächlichkeit widersetzt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.