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Der Mord im Keller

Von

(aus Kriminal Sonette)

Im Raum der unterirdischen Apaschen
Warf FRED ins Glas dem Fremden Kokain.
DER FREUND, der hilfereich als Arzt erschien,
Fischt dem Betäubten in den Manteltaschen.

Ein Polizist will seinen Browning ziehn.
Fred musste ihn von hinten überraschen.
Ein Schuss. Gebrüll. Ein Scherbenberg von Flaschen.
Ein Toter! Fred und sein Genosse fliehn.

Zu Haus ölt Fred die Falltür zum Verschwinden.
Die Polizei kordont den Häuserblock.
(Die Doppeltüren knarren in den Spinden.)

– Bei der Beschießung schreibt ein Zeitungsschmock. –
Tief im Gebirge wird sie niemand finden;
FRED liegt im Bett, DER FREUND kocht steifen Grog.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Der Mord im Keller von Ludwig Rubiner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Mord im Keller“ von Ludwig Rubiner ist ein Sonett aus seiner Sammlung Kriminal Sonette und kombiniert die klassische Form mit einem modernen, kriminalistisch geprägten Inhalt. In 14 Versen entfaltet sich eine dramatische Szene, die an einen Gangsterfilm erinnert: Mord, Drogen, Flucht und eine angespannte Atmosphäre urbaner Kriminalität. Rubiner verbindet in diesem Werk die strenge Form des Sonetts mit einer bewusst rohen, fast journalistischen Sprache, wodurch ein spannungsgeladener Kontrast entsteht.

Im Zentrum der Handlung steht FRED, der einem Fremden Kokain ins Glas mischt – ein geplanter Anschlag, der von einem angeblichen „Freund“, der sich als Arzt ausgibt, unterstützt wird. Die Situation eskaliert, als ein Polizist eingreift. In wenigen, präzisen Bildern schildert Rubiner den tödlichen Schuss, das Chaos und die Flucht der Täter. Die schnellen Schnitte und der abrupte Wechsel der Perspektiven lassen das Geschehen beinahe filmisch wirken.

Der Text ist stark durchsetzt von modernistischen Elementen: Großschreibung einzelner Figuren („FRED“, „DER FREUND“), schnoddriger Jargon („Zeitungsschmock“) und bewusst brutale Handlungspassagen. All das dient der Entzauberung traditioneller Sonett-Themen wie Liebe oder Natur. Stattdessen wird hier die Großstadt zum Schauplatz eines kalten, entmenschlichten Verbrechens. Die Sprache wirkt knapp und hart, als wolle Rubiner eine Realität darstellen, in der Moral und Ordnung längst aufgelöst sind.

Die letzte Terzine verschiebt die Szene ins Verborgene: Während die Polizei den Stadtblock durchsucht, sind die Täter längst untergetaucht – der Mord bleibt ungesühnt. Die Ironie des Schlusssatzes, in dem der „Freund“ gemütlich Grog kocht, betont den Zynismus der Situation. Rubiner zeigt mit diesem Gedicht nicht nur ein Verbrechen, sondern zugleich auch eine Gesellschaft, in der Gewalt, Täuschung und mediale Verzerrung zum Alltag gehören. Das klassische Sonett wird so zu einem Spiegel der modernen, zerrissenen Welt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.