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Das himmlische Licht

Von

Kamerad, Sie sitzen in Ihrem Zimmer allein, unter Menschen schweigen Sie still.
Aber ich weiß meine stummen Kameraden hunderttausend auf der Welt, zu denen ich reden will.

Wir waren noch klein, da erhob zu uns die Erde ihr bergiges Schmerzensgesicht,
In unsre Zehen bebte fernes Geländ, von Sturz und Strudel ums Licht.

Die Menschen in schlaffer Geilheit und träg liebten die Erde nicht mehr,
Aber die Erde schrie, wir hörten sie nicht, und sie donnerte Zeichen her.

O mein Freund, glauben Sie nicht, was ich Ihnen sagen werde, sei neu oder interessant.
Alles, was ich Ihnen zurufe, wissen Sie selbst, aber Sie haben es nie aus rundem Mund laut bekannt.
Sie haben es zugedeckt. Ich will Sie erinnern. Ich will Sie aufrufen.
Denn Gott rief die Erde für uns alle auf. Seine Stimme hauchte aus dem Untermeer Vulkan, der in der Südsee in die Luft flog.
Die kleine Kraterinsel Krakatau stieß den brennenden Atem Gottes aus der Erde.
Explosion. Der Ozean spritzte über die Erde, unvergessen in dreißig Menschenjahren.
Neues Menschengeschlecht, und das Jahrhundert war lang zu Ende.
Aber aus dem Pacific brannte der Feuerwind des Krakatau in unsere Herzen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Das himmlische Licht von Ludwig Rubiner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das himmlische Licht“ von Ludwig Rubiner beschreibt in leidenschaftlichem Ton eine tiefe Verbindung zwischen Mensch und Erde, die jedoch in der modernen Welt bedroht scheint. Das lyrische Ich spricht seinen „Kameraden“ an und ruft ihn – und damit auch die Menschheit – dazu auf, sich wieder der lebendigen, schmerzenden Erde bewusst zu werden. Der Text wirkt wie ein Aufruf zur spirituellen und emotionalen Wiedererweckung.

Rubiner schildert die Entfremdung des Menschen von der Natur: In „schlaffer Geilheit und träg“ haben die Menschen die Erde vernachlässigt. Die Natur aber bleibt nicht stumm, sondern schreit und sendet gewaltige Zeichen – symbolisiert durch die Eruption des Krakatau, eines Vulkans, der hier als Manifestation göttlicher Stimme erscheint. Diese Naturkatastrophe wird als spirituelles Ereignis dargestellt, das die Menschen wachrütteln soll.

Das Gedicht nutzt eine eindringliche, fast prophetische Sprache, in der Naturphänomene wie „der Feuerwind des Krakatau“ zu metaphysischen Botschaften werden. Rubiner arbeitet stark mit Wiederholungen und Appellen („Ich will Sie erinnern. Ich will Sie aufrufen.“), um die Dringlichkeit seiner Botschaft zu unterstreichen. Diese direkte, fast beschwörende Ansprache verleiht dem Gedicht eine intensive emotionale Kraft.

Insgesamt zeigt „Das himmlische Licht“ eine Vision, in der der Mensch nicht als Herrscher über die Natur, sondern als Teil eines größeren, göttlich durchdrungenen Ganzen erscheint. Rubiner ruft dazu auf, die eigenen spirituellen Wurzeln und die verloren gegangene Ehrfurcht vor der Erde neu zu entdecken. Möchtest du noch eine kurze Deutung zu Rubiners Blick auf die Rolle der Naturkatastrophe als geistige Metapher?

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.