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Nebel

Von

Es lagert rings umher ein grauer Flor –
Ich weiß es nicht: bricht noch die Sonn‘ hervor?
Wird dieser Nebel heut sie ganz verhüllen?
Und ob er steigt, und ob er niederfällt?
So frag‘ ich wohl – doch schweigend ruht die Welt
Und Flur und Thal mit Dunst sich füllen.

Es dampft der Wald, ein rauchender Altar,
Einsam darüber kreist ein scheuer Aar,
Er möchte gern empor zur Sonne steigen –
Doch nur ein matter Punkt im Aethermeer
Erscheint sie heut, sonst alles grau umher –
Unheimlich bang ist dieses Schweigen!

Ein Bild der Zeit! Ein Nebel schließt uns ein –
Kein Wetter tobt, es glänzt kein Sonnenschein –
Die Welt gehüllt in eine weite Wolke!
Kein Adlerblick erspäht der Sonne Glanz –
Der Freiheit Sonne – sie verhüllt sich ganz –
Ein dumpfes Schweigen rings im Volke.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Nebel von Louise Otto-Peters

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nebel“ von Louise Otto-Peters ist eine metaphorische Darstellung von Unsicherheit, Stillstand und dem Fehlen von Klarheit in einer bestimmten Zeit oder gesellschaftlichen Situation. Zu Beginn beschreibt die Sprecherin den Nebel, der alles umhüllt und die Landschaft in ein graues, unbestimmtes Bild taucht. Die Frage „Wird dieser Nebel heut sie ganz verhüllen?“ deutet auf die Ungewissheit hin, ob der Nebel (und damit das Dunkel der Unklarheit oder der Krise) je vergehen wird. Der Nebel wird als eine allumfassende Barriere zwischen dem Beobachter und der Welt dargestellt, was auf ein Gefühl der Isolation oder des Nicht-Wissens hinweist.

In der zweiten Strophe wird das Bild des Waldes als „rauchender Altar“ verwendet, was eine religiöse oder symbolische Bedeutung hat. Der Wald, der in Dunst gehüllt ist, könnte für eine Umgebung stehen, die sowohl mystisch als auch bedrückend wirkt. Der „scheue Aar“ (ein Adler), der zwar versucht, zur Sonne zu steigen, aber nur einen „matten Punkt im Aethermeer“ erblickt, symbolisiert den Versuch, nach höheren Zielen oder Wahrheiten zu streben, jedoch auf ein Ziel, das unklar und unerreichbar bleibt. Der Nebel und das Schweigen in der Natur sind hier Metaphern für die innere und äußere Unsicherheit, die das Streben nach Freiheit und Wahrheit erschwert.

Die dritte Strophe verdeutlicht die zentrale Botschaft des Gedichts: Der Nebel ist ein Bild der Zeit, die uns umgibt. „Kein Wetter tobt, es glänzt kein Sonnenschein“ beschreibt eine Periode der Stagnation oder des Mangels an positiven Veränderungen. Die Sonne, die für Klarheit, Hoffnung oder Freiheit steht, ist in diesem Moment vollständig verhüllt. Der „Adlerblick“ des Volkes – ein Symbol für die Fähigkeit, über die Situation hinaus zu sehen und nach höheren Idealen zu streben – kann in dieser Dunkelheit nicht erkennen. Das Gedicht endet mit der Vorstellung eines „dumpfen Schweigens“, das das Volk umgibt und die Menschen in einer passiven Haltung hält.

Insgesamt nutzt Louise Otto-Peters den Nebel als Symbol für die Unklarheit und die Schwierigkeiten, die sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene erfahren werden. Das Fehlen der Sonne, die als Symbol für Freiheit und Hoffnung interpretiert werden kann, stellt eine Herausforderung dar, den Ausweg aus dieser Unsicherheit zu finden. Das Gedicht spricht eine gesellschaftliche oder politische Stagnation an, in der die Menschen gefangen sind und der Blick in die Zukunft oder die Hoffnung auf Veränderung durch den „Nebel“ der Umstände verdeckt wird.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.