Gestern die Welt in Grau,
Rieselnder Regen troff,
Himmel und Erde ersoff;
Heute der Himmel blau.
Sonnenschein goldgüssig träuft,
Ueber die Halme läuft
Wogewind lau.
Zürnegotts Reich zerfällt!
Heiteres Heidentum
Leuchtet das Leidentum
Froh aus der fröhlichen Welt.
Siegendes Licht zerriß
Hockende Finsternis.
Alles erhellt!
Lichtglaube
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Lichtglaube“ von Otto Julius Bierbaum ist eine Lobeshymne auf die Kraft des Lichts und der damit verbundenen Hoffnung und Erneuerung. Es beginnt mit einer düsteren Beschreibung der Vergangenheit, in der die Welt von „Grau“ und Regen dominiert wurde, was ein Gefühl von Trostlosigkeit und Stillstand erzeugt. Die Beschreibung des Himmels und der Erde, die im Regen „ersoffen“, verstärkt dieses Gefühl der Verzweiflung und des Stillstands, das die Stagnation vor dem Erwachen des Lichts symbolisiert.
Der Wendepunkt kommt mit dem Erscheinen des „blauen“ Himmels und des „Sonnenscheins“, der als „goldgüssig“ beschrieben wird. Diese lebhaften Bilder des Lichts und der Wärme kontrastieren stark mit der vorherigen Düsternis. Der „Wogewind“ wird als „lau“ beschrieben, was ein Gefühl von sanfter Bewegung und angenehmer Wärme hinzufügt. Diese Naturdetails, die mit positiven Attributen belegt sind, symbolisieren das Aufblühen des Lebens und die Vertreibung des Negativen. Der Ausruf „Zürnegotts Reich zerfällt!“ markiert den Übergang von der trüben Vergangenheit zur strahlenden Gegenwart, wobei der Zorn Gottes (als Symbol des alten Glaubens und der Dunkelheit) von der Macht des Lichts und der Lebensfreude überwunden wird.
Die zweite Hälfte des Gedichts feiert das „Heiteres Heidentum“, das „froh aus der fröhlichen Welt“ leuchtet. Der Begriff „Heidentum“ deutet auf eine Rückkehr zu einer unbeschwerten, naturnahen Lebensweise hin, die frei von den Belastungen des Leidens ist, was durch das Wort „Leidentum“ (das Leidens) dargestellt wird. Diese neue Lebensweise wird als Quelle des Glücks und der Freude gesehen. Das Bild des „siegesreichen Lichts“, das die „hockende Finsternis“ zerreißt, verstärkt die Vorstellung vom Triumph des Guten über das Böse, der Hoffnung über die Verzweiflung.
Der abschließende Ausruf „Alles erhellt!“ fasst die zentrale Botschaft des Gedichts zusammen. Es ist ein Bekenntnis zum Glauben an die Macht des Lichts, die Fähigkeit zur Erneuerung und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Bierbaum verwendet einfache, aber wirkungsvolle Bilder, um die Veränderung und den Wandel von Dunkelheit zu Licht, von Leid zu Freude und von Hoffnungslosigkeit zu Optimismus auszudrücken. Das Gedicht ist somit eine Ode an die Lebensfreude und die Kraft des Glaubens, der durch das Licht symbolisiert wird.
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Lizenz und Verwendung
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