Landschaft im Spätherbst
Ueber kahle, fahle Hügel
Streicht der Dämm′rung kühler Flügel;
Dunkel, wie erstarrte Träume,
Steh′n im Thal entlaubt die Bäume.
Tiefe Stille, tiefes Lauschen:
Keine Welle hörst du rauschen,
Keine Stimme hörst du klingen,
Dir des Lebens Gruß zu bringen.
Nur als stummes Bild der Gnade
Siehst du dort am stein′gen Pfade,
Von des Kreuzes Holz getragen,
Durch die Nacht den Heiland ragen.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Landschaft im Spätherbst“ von Ferdinand Ludwig Adam von Saar beschreibt in zwei Strophen eine herbstliche Naturlandschaft und verbindet diese mit einem christlichen Sinnbild. Der erste Teil des Gedichts zeichnet ein Bild der Melancholie und des Verfalls, das durch die Verwendung von Wörtern wie „kahle“, „fahle“, „Dämm’rung“, „dunkel“ und „entlaubt“ erzeugt wird. Diese Elemente erzeugen ein Gefühl von Leere und Stille, das typisch für den Herbst ist, wenn die Natur sich auf den Winter vorbereitet. Die Natur wird als erstarrt dargestellt, was eine innere Unruhe und eine melancholische Stimmung auslöst.
Die zweite Strophe vertieft die stille Atmosphäre durch das Fehlen von Geräuschen und Stimmen, was die Einsamkeit der Szene noch verstärkt. Es herrscht eine „tiefe Stille“ und ein „tiefes Lauschen“, was die Aufmerksamkeit des Lesers auf das folgende Bild lenkt. Inmitten dieser tristen Szenerie erscheint das Bild des Gekreuzigten, des „Heilands“, der in der Dunkelheit „durch die Nacht“ ragt. Diese Darstellung bietet einen Kontrast zur vorherrschenden Melancholie und vermittelt eine Botschaft der Hoffnung und des Trostes.
Der Einsatz des Kreuzes als Symbol der Gnade lenkt die Interpretation in eine religiöse Richtung. Die Szene wird nicht nur als eine Naturdarstellung, sondern auch als eine Allegorie für die menschliche Existenz interpretiert. Die kahle Landschaft repräsentiert die Vergänglichkeit des Lebens und die Notwendigkeit von Erlösung. Der Heiland, der das Kreuz trägt, steht für Hoffnung, Erlösung und das Versprechen des Lebens nach dem Tod, wodurch die trübe Stimmung durch eine Botschaft der Hoffnung aufgebrochen wird.
Insgesamt vereint das Gedicht auf subtile Weise Naturbeobachtung mit religiöser Reflexion. Es verbindet die äußere Erscheinung des Spätherbstes mit dem inneren Erleben von Melancholie und Hoffnung. Die Stille und Leere der Natur bilden den Hintergrund für die Darstellung des Kreuzes, das als zentrales Symbol der christlichen Hoffnung in der Dunkelheit steht. Die Verbindung von Natur und Religion macht das Gedicht zu einer tiefgründigen Reflexion über die Themen Vergänglichkeit, Trost und Erlösung.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.