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Rosen auf den Weg gestreut

Von

Ihr müsst sie lieb und nett behandeln,
erschreckt sie nicht – sie sind so zart!
Ihr müsst sie Palmen sie umwandeln,
getreulich ihrer Eigenart!
Pfeift eierm Hunde, wenn er sie ankläfft:
küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!

Wenn sie in ihren Sälen hetzen,
sagt, „Ja und Amen – aber gern!
Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!“
Und prügeln sie, so lobt den Herrn.
Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!
Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!

Und schießen sie: du lieber Himmel,
schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel!
Wer möchte nicht gern Opfer sein?
Und spürt ihr auch in euerm Bauch
den Hitlerdolch, tief, bis zum Heft:
Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!

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Gedicht: Rosen auf den Weg gestreut von Kurt Tucholsky

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Rosen auf den Weg gestreut“ von Kurt Tucholsky ist eine scharfe satirische Anklage gegen die passive Haltung gegenüber dem Faschismus und die feige Akzeptanz von Gewalt und Unterdrückung. Die erste Strophe des Gedichts gibt eine Anweisung, wie man sich den Faschisten gegenüber verhalten sollte: Sie sollen „lieb und nett behandelt“ und „nicht erschreckt“ werden. Tucholsky unterstreicht die Ironie dieser Anweisung, indem er die groteske Vorstellung von Respekt und Höflichkeit gegenüber einer gewalttätigen und menschenverachtenden Ideologie präsentiert. Die Aufforderung, „die Faschisten zu küssen“, ist eine provokante Formulierung, die die Absurdität und den moralischen Verfall eines solchen Verhaltens verdeutlicht.

Der Dichter setzt diese Ironie fort, indem er beschreibt, wie man sich den Faschisten gegenüber verhalten soll, wenn sie ihre gewalttätigen Taten vollziehen – sei es in „Sälen“ oder durch körperliche Gewalt. Die Aufforderung, „Ja und Amen“ zu sagen und sich selbst zu „prügeln“, wird als Zynismus gegenüber der Realität von Gewalt und Unterdrückung verwendet. Es wird der Eindruck erweckt, dass man den Faschisten alles zugestehen sollte, auch wenn es bedeutet, sich dem eigenen Missbrauch zu unterwerfen. Diese Haltung ist ein drastischer Kommentar zur fehlenden Widerstandskraft und zum mangelnden Mut, sich gegen Unrecht aufzulehnen.

In der dritten Strophe gipfelt das Gedicht in einer noch schärferen Ironie, wenn Tucholsky auf den Pazifismus und die moralische Haltung gegenüber Gewalt eingeht. Die Frage, ob man das eigene Leben so hoch schätzt, wird in den Raum gestellt, wobei der Dichter den Pazifismus als „Fimmel“ (d.h. als unpraktische, idealistische Haltung) darstellt. Tucholsky prangert hier die Unfähigkeit an, sich gegen den Faschismus zu wehren, indem er den Leser mit der Vorstellung konfrontiert, sich einfach dem Gewaltakt zu unterwerfen, selbst wenn er tödlich wird. Diese zynische Darstellung von Passivität und Feigheit stellt den moralischen Bankrott einer Gesellschaft dar, die vor den Machenschaften des Faschismus kapituliert.

Das Gedicht ist ein kraftvoller Appell gegen Passivität und Gleichgültigkeit gegenüber den Schrecken des Faschismus. Tucholsky verwendet eine schockierende und provokante Sprache, um die Leser zur aktiven Ablehnung von Gewalt und Unterdrückung aufzurufen. Die „Rosen auf den Weg gestreut“ sind dabei ein ironisches Bild, das die tatsächliche Forderung nach Widerstand und moralischer Integrität auf eine entlarvende Weise konterkariert. Tucholsky fordert die Menschen heraus, sich nicht von der Tyrannei vereinnahmen zu lassen und nicht vor der Wahrheit der Gewalt und des Faschismus zu kapitulieren.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.