Wir Hamburger Mädchens habens fein, Wir brauchen nicht auf dem Striche sein. Wir wohnen in schönen Häusern Wohl bei der Nacht, Ahoi! Weil es uns Freude macht.
Es kommen Kavaliere, Neger und Matros, Die werden bei uns ihre Pfundstücke los, Sie liegen uns am Busen Wohl bei der Nacht, Ahoi! Weil es uns Freude macht.
Madam kocht schlechtes Essen, Sami spielt Klavier, Mit den Kavalieren tanzen wir, Fließt ein Taler drüber, Wird er Madam gebracht, Ahoi! Weil es uns Freude macht.
Eines Tages holt die Sitte uns hinaus, Und sie sperrt uns in das graue Krankenhaus. Dann sind wir tot und sterben Wohl bei der Nacht, Ahoi! Weil es uns Freude macht.
Disclaimer: Historische Einordnung
Dieses Gedicht entstand in einer früheren historischen Epoche und enthält Begriffe oder Darstellungen, die aus heutiger Sicht als diskriminierend, verletzend oder nicht mehr zeitgemäß gelten. Die Veröffentlichung erfolgt ausschließlich zu literatur- und kulturhistorischen Zwecken sowie zur Förderung einer kritischen Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Text und seiner Zeit. Die problematischen Inhalte spiegeln nicht die heutige Haltung der Herausgeber wider, sondern sind Teil des historischen Kontextes, der zur Reflexion über den Wandel von Sprache, Werten und gesellschaftlichen Normen anregen soll.
Das Gedicht „Hamburger Hurenlied“ von Klabund präsentiert eine zynische, ironische und gesellschaftskritische Darstellung des Lebens von Frauen, die im Bereich der Prostitution tätig sind. Es beginnt mit einer Haltung der Selbstbestimmung, in der die „Hamburger Mädchens“ ihren Lebensstil als angenehm und „fein“ empfinden, da sie nicht auf der Straße (dem „Striche“) arbeiten müssen und in „schönen Häusern“ wohnen. Diese Darstellung vermittelt eine oberflächliche Freude und Zufriedenheit, die sich auf das Nachtleben und den finanziellen Gewinn konzentriert, den ihre Tätigkeit mit sich bringt. Die wiederholte Wendung „Ahoi! Weil es uns Freude macht“ verstärkt das Gefühl von Unbeschwertheit, als ob die Frauen das Leben genießen und sich ihrer Situation nicht bewusst sind.
In den nächsten Strophen wird ein Bild des nächtlichen Lebens gezeichnet, das von „Kavaliere[n]“, „Neger[n]“ und „Matrosen“ geprägt ist, die ihre „Pfundstücke“ bei den Frauen ausgeben. Diese Männer erscheinen in Klabunds Darstellung eher als stereotype Figuren, die durch ihre Besuche die finanzielle Basis der Frauen unterstützen. Das Wort „Pfundstücke“ könnte dabei sowohl auf das Geld als auch auf den Körper als Handelsware hinweisen. Es entsteht der Eindruck, dass diese Frauen ihr eigenes Wohl durch den Konsum und das Vergnügen der Männer sichern, während sie selbst in einer Art Zirkelschluss von Genuss und Geschäftlichkeit leben.
In der dritten Strophe wird das tägliche Leben der Frauen in einem „Madam“-Haus weiter beschrieben, das von schlechter Ernährung und Musik geprägt ist, was die Künstlichkeit und Tristesse ihres Lebens widerspiegelt. Die ständige Präsenz des Geldes, das „überfließt“ und schließlich an die „Madam“ geht, unterstreicht die kommerzielle Natur ihres Lebens, das nicht von Liebe oder echter Verbundenheit, sondern von finanziellem Austausch bestimmt wird. Auch hier bleibt der „Ahoi“-Gesang als ironische Wendung bestehen, was die Freude über das Leben in diesem System noch verstärkt, aber gleichzeitig auch die Oberflächlichkeit dieser Freude verdeutlicht.
Die letzte Strophe des Gedichts stellt eine düstere Wendung dar. Der „Sittenkodex“ und die gesellschaftliche Moral holen die Frauen ein, indem sie sie „hinaus“ werfen und in das „graue Krankenhaus“ sperren – eine Metapher für den gesellschaftlichen Ausschluss und die moralische Verurteilung. Das Bild des „grauen Krankenhauses“ steht hier vermutlich für das Ende der Frauen in der Gesellschaft, sei es durch Krankheit, Tod oder Ausschluss. Der Tod wird als eine unaufhaltsame und möglicherweise unvermeidliche Folge ihres Lebensstils präsentiert. Dennoch bleibt die Ironie in der wiederholten Zeile „Ahoi! Weil es uns Freude macht“ bestehen – als ob diese Frauen das Leben weiterhin als ein Fest begreifen, selbst wenn die Konsequenzen unausweichlich sind.
Insgesamt kritisiert Klabund in diesem Gedicht die gesellschaftlichen Verhältnisse und das Leben der Frauen, die in einem System von Ausbeutung und Oberflächlichkeit gefangen sind. Die Ironie und der wiederholte „Ahoi“-Ruf verstärken die Tragik dieser Situation, indem sie die Widersprüchlichkeit zwischen der Freude am Leben und den düsteren, unaufhaltsamen Enden aufzeigen, die das Leben dieser Frauen prägen.
Weitere Informationen
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Lizenz und Verwendung
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