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Die eine Klage

Von

Wer die tiefste aller Wunden
Hat in Geist und Sinn empfunden
Bittrer Trennung Schmerz;
Wer geliebt was er verlohren,
Lassen muß was er erkohren,
Das geliebte Herz,

Der versteht in Lust die Thränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein,
Eins im Andern sich zu finden,
Daß der Zweiheit Gränzen schwinden
Und des Daseins Pein.

Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt‘ ein Wesen liebgewinnen
O! den tröstet’s nicht
Daß für Freuden, die verlohren,
Neue werden neu gebohren:
Jene sind’s doch nicht.

Das geliebte, süße Leben,
Dieses Nehmen und dies Geben,
Wort und Sinn und Blick,
Dieses Suchen und dies Finden,
Dieses Denken und Empfinden
Giebt kein Gott zurück.

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Gedicht: Die eine Klage von Karoline von Günderode

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die eine Klage“ von Karoline von Günderode thematisiert die schmerzvolle Erfahrung des Verlustes einer geliebten Person und die unerfüllbare Sehnsucht nach der Wiedervereinigung. Im Mittelpunkt steht der tief empfundene Schmerz über die Trennung und das Bewusstsein, dass selbst neue Freuden den einmal erlittenen Verlust nicht ausgleichen können.

Bereits die erste Strophe beschreibt den „Schmerz der Trennung“ als eine der tiefsten Wunden, die ein Mensch im „Geist und Sinn“ erleben kann. Die Intensität der Liebe, die das lyrische Ich erfahren hat, wird in der Formulierung „das geliebte Herz“ besonders betont. Der Verlust ist dabei nicht nur ein äußerer, sondern auch ein innerer Zustand, der das gesamte Empfinden durchdringt.

Die zweite Strophe entfaltet das zentrale Motiv des Einsseins in der Liebe. Die „Sehnsucht, Eins in Zwei zu sein“, beschreibt den Wunsch nach einer vollkommenen Verschmelzung zweier Seelen, der durch die Trennung unerfüllt bleibt. Die Verse drücken aus, dass die Trennung nicht nur äußeres Leid, sondern auch eine metaphysische Entzweiung bedeutet, die die „Pein des Daseins“ offenbart.

Die dritte und vierte Strophe verdeutlichen die Unersetzbarkeit des Verlorenen. Neue Freuden oder Beziehungen können den Schmerz nicht lindern, da sie nicht das „geliebte, süße Leben“ ersetzen, das in der wechselseitigen Liebe und im gemeinsamen Erleben bestand. Die Aufzählung von „Wort und Sinn und Blick“ und „Denken und Empfinden“ beschreibt eindrucksvoll die Ganzheit dieser Verbindung. Das Gedicht endet resignativ mit der Erkenntnis, dass kein Gott diese einzigartige Erfahrung zurückgeben kann. So wird der Verlust der Liebe zu einer endgültigen, existenziellen Klage.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.