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Die Wahnsinnige

Von

Es tanzt ’ne Frau im Mondesschein,
Die glänzt gar weit in die Nacht hinein,
Ihr Kleid, das wallt, ihr Aug‘, das blitzt,
Wie wenn Demant an Felsen sitzt.

„Blau Meer, komm‘ hergegangen,
Lass dich holdsüß umfangen,
Kränz‘ mir das Haupt mit Weiden,
Musst schön grünblau mich kleiden!“

„Ich bring‘ zart Gold und rot Gestein,
Drin springt und tanzt das Herzblut mein,
Ein Trauter trug’s an warmer Brust,
Hat in die Flut hinweg gemusst.“

„Will Melodien dir singen,
Muss Wind und Woge springen,
Hochauf will Tanz ich schlagen,
Muss Wind und Woge klagen!“

Fasst‘ einen Weidbaum mit der Hand,
Schlang drum grünblau ein Liebesband,
Begann ihn seltsam anzusehn,
Hieß ihn behutsam seitwärts gehn.

„Nun leih mir deine Schwingen,
Tief Meer hinabzuklingen,
Hast Mutter nicht empfunden,
Wie Sohn gar schön umwunden?“

So trieb sie’s nächtig hin und her,
Schmückt jede Weid‘ am grünen Meer,
Schwingt dann sich stolz hinab, hinauf,
Hat nie vollbracht den Zauberlauf.

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Gedicht: Die Wahnsinnige von Karl Marx

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Wahnsinnige“ von Karl Marx beschreibt die wilde, ungestüme Bewegung einer Frau, die in einer nächtlichen Szenerie tanzt und mit der Natur in einer fast ekstatischen Verbindung steht. Die Frau erscheint als eine kraftvolle, strahlende Figur, deren „Kleid“ und „Aug’“ den Glanz von Diamanten in der Dunkelheit widerspiegeln. Dieser intensive, fast überirdische Ausdruck des Tanzes symbolisiert eine tiefgreifende Verbindung mit den natürlichen Elementen und verweist auf die überwältigende Kraft der Emotionen und der Leidenschaft.

Im Verlauf des Gedichts spricht die Frau das „Blaue Meer“ und die Natur an, fordert sie auf, sich mit ihr zu verbinden und sich in eine Art mystische Umarmung einzulassen. Ihre Worte „Kränz‘ mir das Haupt mit Weiden“ und „Musst schön grünblau mich kleiden“ zeigen ein Verlangen nach einer tiefen Einheit mit der Natur, nach einem Zustand, in dem Mensch und Umwelt in harmonischer Symbiose stehen. Die wiederholte Aufforderung, dass sie sich „umwinden“ oder sich „verflechten“ sollen, verdeutlicht den Wunsch, sich in diese natürliche Ordnung einzugliedern.

Die Frau spricht von „Gold und rot Gestein“, was den Wert und die Bedeutung der Dinge betont, die sie in ihrer wilden Ekstase zu sich ruft. Die Melodien, die sie zu singen verspricht, sind nicht nur Lieder, sondern Ausdruck ihres inneren Chaos und ihrer Verbindung zu den unbändigen Kräften der Natur. Der „Wind“ und die „Woge“ sind dabei nicht nur Begleiter, sondern ein Teil ihrer selbst, die ihre Tanzbewegungen und ihre wilde Sehnsucht spiegeln. Die Frau ist in einem Zustand der Transzendenz und sucht in der Natur eine spirituelle, vielleicht auch eine poetische Erfüllung.

Der Bezug auf den „Weidbaum“ und die Bitte um „Schwingen“ verdeutlicht die Mischung von Wahnsinn und Sehnsucht in der Frau, die sich immer wieder von der Natur forttragen lässt, ohne je das Ziel zu erreichen. Die Versuche, sich mit der Natur zu vereinen, wirken wie ein nie endender Zyklus, in dem sie in einer ständigen Bewegung gefangen ist, ohne je eine vollständige Erfüllung zu finden. Die letzten Zeilen, in denen die Frau sich stolz „hinab, hinauf“ schwingt, jedoch nie ihren „Zauberlauf“ vollendet, zeigen eine unaufhörliche Sehnsucht, die nie befriedigt werden kann – sie bleibt eine ewige Bewegung ohne Ziel. Das Gedicht endet mit dem Gefühl der unerfüllten Erhebung, einer wahnsinnigen Tanzbewegung, die in der Nacht verloren geht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.