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Jugend und Alter

Von

Und in meiner Jugend schalt ich:
Wohin fliegst du, kühner Muth?
Wohin flammst du so gewaltig,
Du unstillbar wilde Gluth?
Himmelstürmende Gedanken,
Allertiefste Seelenpein,
Zwischen Erd′ und Himmel schwanken,
Unruh, willst du ewig seyn?

Sehnsucht aus der Nacht zur Helle,
Aus der Helle hin zur Nacht,
Nenn ich′s Himmel, nenn′ ich′s Hölle,
Was mich so unselig macht?
Wie ein Jagdhund auf der Fährte,
Der verschiednes Wildpret jagt,
Such ich auf der weiten Erde
Ein Verlornes, das mich plagt.

O du Engel, der die Pfade
Zu dem Paradies bewacht,
Aus dem Aufenthalt der Gnade
Adam auf den Schub gebracht, –
Künde, löse dem verlornen
Halbling zwischen Thier und Geist,
Dem für′s Distelfeld Gebornen
Doch dieß Räthsel, wenn du′s weißt!

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Gedicht: Jugend und Alter von Ernst Moritz Arndt

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Jugend und Alter“ von Ernst Moritz Arndt ist eine introspektive Betrachtung des Dichters über die Widersprüche und die Unruhe der Jugend, kontrastiert mit einer Sehnsucht nach Ruhe und Erkenntnis. Der erste Teil des Gedichts, bestehend aus den ersten beiden Strophen, zeichnet ein Bild des ungestümen, rastlosen Geistes der Jugend, der von „kühnem Muth“ und „unstillbar wilde[r] Gluth“ getrieben wird. Arndt hinterfragt die Intensität seiner Gefühle und Gedanken, die zwischen „Erd’ und Himmel schwanken“, und stellt die bohrende Frage nach dem ewigen Verbleiben dieser Unruhe.

Die zweite Strophe vertieft das Thema der Suche und des Ungleichgewichts. Die Jugend wird hier als Suchende dargestellt, die sowohl die Helligkeit als auch die Dunkelheit, Himmel und Hölle, durchläuft. Die Metapher des Jagdhundes, der „verschiednes Wildpret jagt“, unterstreicht die rastlose Natur der Suche nach etwas, das verloren gegangen ist und den Dichter quält. Diese Zeilen deuten auf eine Sehnsucht nach einem Zustand des Friedens und der Ganzheit hin, der in der Jugend unerreichbar scheint.

Die dritte Strophe, die letzte des Gedichts, nimmt eine religiöse Dimension an. Der Dichter ruft einen „Engel“ an, der die „Pfade zu dem Paradies bewacht“. Er bittet um Aufklärung und die Lösung eines Rätsels, indem er sich selbst als „Halbling zwischen Thier und Geist“ bezeichnet, als Wesen, das zwischen animalischen Trieben und spirituellem Streben steht. Die Anspielung auf Adam, der aus dem Paradies vertrieben wurde, deutet auf das Bewusstsein der menschlichen Unvollkommenheit und des Getrenntseins von der ursprünglichen Harmonie hin.

Die zentrale Botschaft des Gedichts ist die Auseinandersetzung mit der inneren Zerrissenheit und dem Streben nach Sinn in der Jugend. Arndt drückt das Spannungsverhältnis zwischen der ungestümen Energie der Jugend und dem Wunsch nach Ruhe und Erkenntnis aus. Die Metaphern von Feuer, Jagd und religiösen Bildern verdeutlichen die Suche nach dem eigenen Platz in der Welt und die Sehnsucht nach Erlösung. Die abschließende Bitte an den Engel unterstreicht das Bedürfnis nach Führung und der Lösung des Rätsels des Lebens, das in der Jugend oft als unlösbar erscheint.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.