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Neue Liebe

Von

Herz, mein Herz, warum so fröhlich,
So voll Unruh und zerstreut,
Als käm über Berge selig
Schon die schöne Frühlingszeit?

Weil ein liebes Mädchen wieder
Herzlich an dein Herz sich drückt,
Schaust du fröhlich auf und nieder,
Erd und Himmel dich erquickt.

Und ich hab die Fenster offen,
Neu zieh in die Welt hinein
Altes Bangen, altes Hoffen!
Frühling, Frühling soll es sein!

Still kann ich hier nicht mehr bleiben,
Durch die Brust ein Singen irrt,
Doch zu licht ist’s mir zum Schreiben,
Und ich bin so froh verwirrt.

Also schlendr‘ ich durch die Gassen,
Menschen gehen her und hin,
Weiß nicht, was ich tu und lasse,
Nur, daß ich so glücklich bin.

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Gedicht: Neue Liebe von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Neue Liebe“ von Joseph von Eichendorff schildert die belebende und verwirrende Kraft einer wiedererwachenden Liebe, die das lyrische Ich mit jugendlicher Frische und Frühlingsgefühlen erfüllt. Bereits in der ersten Strophe wird eine Parallele zwischen dem inneren Aufbruch und der Natur gezogen: Das Herz ist „fröhlich“, „voll Unruh“ und „zerstreut“, als würde die „schöne Frühlingszeit“ anbrechen. Die Liebe wird dabei wie der Frühling als Erneuerung und Aufbruch empfunden.

In den folgenden Strophen beschreibt das lyrische Ich, wie die Zuneigung eines „lieben Mädchens“ ihm neue Lebenskraft gibt. Himmel und Erde wirken plötzlich heller, das Herz ist offen für Eindrücke, „fröhlich auf und nieder“ blickend. Dieses Zusammenspiel von innerer Freude und der äußeren Welt spiegelt die romantische Einheit von Natur und Gefühlswelt wider.

Das Gedicht steigert sich zu einem Gefühl der Unruhe und des Tatendrangs: Fenster werden geöffnet, die Welt strömt herein, „altes Bangen, altes Hoffen“ kehren zurück. Die Liebe bringt nicht nur Freude, sondern auch Aufregung und eine gewisse Verwirrung, die in der Strophe „zu licht ist’s mir zum Schreiben“ besonders spürbar wird. Die übergroße Freude macht das lyrische Ich sprachlos und handlungsunfähig.

Am Ende verliert sich das lyrische Ich in der Stadt, „schlendert durch die Gassen“, ohne recht zu wissen, „was ich tu und lasse“. Diese glückliche Zerstreutheit ist typisch für die romantische Darstellung einer Liebeserfahrung: Die Gefühle überwältigen die Vernunft, der Alltag verliert an Bedeutung, und ein Gefühl des leichten, unbestimmten Glücks bleibt. Eichendorff vermittelt in „Neue Liebe“ die Frische und Heiterkeit, die eine neue oder wiedererwachte Liebe mit sich bringen kann – verbunden mit dem Bild des Frühlings als Symbol des Neuanfangs.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.