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An ein Kind

Von

Dir lacht der Jugend Morgen;
Nimm ganz und voll ihn hin,
Genieß ihn ohne Sorgen
In kindlich-heitrem Sinn.
Und will er dir entschweben,
– So schnell die Zeit verrinnt! –
Sei durch dein ganzes Leben,
Was du jetzt bist: ein Kind!

Du wirst ihn einst verstehen,
Den Wunsch, wie er gemeint,
Nicht zaghaft sollst du gehen,
Wenn dich in harte Lehre
Das Schicksal einstens nimmt,
Und unter ihrer Schwere
Dein Herz sich blutend krümmt.

Nicht das! – Sei stark, doch nimmer,
Auch in dem größten Leid,
Laß rauben dir den Schimmer
Der gold’nen Jugendzeit!
Wenn in der Welt, der kühlen,
Wo Hohes leicht zerrinnt,
Dir schwinden will dein Fühlen
Für Edles: sei ein Kind!

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Gedicht: An ein Kind von John Henry Mackay

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An ein Kind“ von John Henry Mackay ist ein poetischer Appell an die kindliche Unschuld, Lebensfreude und das innere Leuchten der Jugend. Es spricht nicht nur ein tatsächliches Kind an, sondern auch das „Kind im Menschen“, das sich das lyrische Ich wünscht, möge lebenslang bewahrt bleiben.

Im ersten Teil wird das Bild eines unbeschwerten Morgens der Jugend gezeichnet – ein Sinnbild für Anfang, Hoffnung und natürliche Freude. Das lyrische Ich fordert dazu auf, diesen Lebensabschnitt in vollen Zügen zu genießen, ohne sich von Sorgen belasten zu lassen. Der Blick auf die Vergänglichkeit („So schnell die Zeit verrinnt!“) mahnt zugleich zur Achtsamkeit: Was heute leicht erscheint, wird nicht ewig währen. Doch anstatt dem Verlust nachzutrauern, soll die kindliche Haltung durch das ganze Leben hindurch bewahrt werden.

Der mittlere Abschnitt bereitet auf die Härten des Lebens vor. Das lyrische Ich erkennt an, dass das Schicksal mit Prüfungen und Schmerz einhergeht. Es spricht von einer „harten Lehre“ und einem „blutend krümmenden Herz“, doch es rät nicht zu Resignation oder Bitterkeit. Stattdessen fordert es Stärke – aber eine Stärke, die nicht verhärtet, sondern sich das innere Licht der Jugend bewahrt.

Der Schlussvers ruft eindringlich dazu auf, sich selbst im größten Leid nicht das „Fühlen für Edles“ nehmen zu lassen. Gerade in einer „kühlen“ Welt, die das Hohe und Wertvolle oft vergehen lässt, sei es wichtig, das innere Kind zu bewahren – als Inbegriff von Empfindsamkeit, Offenheit und Hoffnung.

Insgesamt ist das Gedicht ein Plädoyer für eine Haltung, die den Ernst des Lebens anerkennt, ihm aber mit einer unerschütterlichen inneren Wärme begegnet. Die Kindlichkeit steht hier nicht für Naivität, sondern für ein tiefes, menschliches Ideal: die Fähigkeit, trotz aller Erfahrung von Leid das Staunen, das Mitgefühl und das Vertrauen in das Gute nicht zu verlieren.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.