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Am Wegrand

Von

Tausend Menschen ziehen vorüber –
Den ich ersehne, er ist nicht dabei!
Ruhlos stiegen die Blicke hinüber,
Fragen den Eilenden, ob er es sei…

Aber sie fragen und fragen vergebens.
Keiner gibt Antwort: „Hier bin ich. Sei still.“
Sehnsucht erfüllt die Bezirke des Lebens,
Welche Erfüllung nicht füllen will.

Und so steh ich am Wegrand-Strande,
Während die Menge vorüberfließt,
Bis – erblindet vom Sonnenbrande –
Mein ermüdetes Auge sich schließt…

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Gedicht: Am Wegrand von John Henry Mackay

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Am Wegrand“ von John Henry Mackay thematisiert die unerfüllte Sehnsucht und das Warten auf eine ersehnte, aber unerreichbare Person oder ein ideales Ziel. Zu Beginn wird das Bild einer vorbeiziehenden Menschenmenge gezeichnet, durch die der Sprecher mit den Augen sucht, „den ich ersehne“. Die Sehnsucht nach dieser speziellen Person wird durch die Frage, ob sie unter den Eilenden sei, verstärkt. Doch trotz der ständigen Suche und der Hoffnung auf eine Antwort bleibt die erhoffte Begegnung aus, was die Enttäuschung und die Einsamkeit des Wartens unterstreicht. Die „Fragen“ der Blicke bleiben unbeantwortet, was die Frustration des Sprechers widerspiegelt.

Im zweiten Vers wird die tiefere Bedeutung der Sehnsucht angesprochen: „Sehnsucht erfüllt die Bezirke des Lebens, / Welche Erfüllung nicht füllen will.“ Hier wird die Sehnsucht als ein allumfassendes Gefühl beschrieben, das das Leben des Sprechers durchzieht. Doch trotz dieser Sehnsucht bleibt die Erfüllung unerreichbar. Das paradoxe Bild, dass die Sehnsucht die „Bezirke des Lebens“ erfüllt, aber „Erfüllung nicht füllen will“, deutet darauf hin, dass der Sprecher von einem Ideal oder einer Person träumt, die nie in seine Realität passt. Die Sehnsucht bleibt eine unerfüllte Lücke, die kein äußerer Zustand je ausfüllen kann.

Der dritte Vers verdeutlicht das Gefühl der Entfremdung und des Alleinseins des Sprechers. Während die „Menge vorüberfließt“, steht der Sprecher allein am „Wegrand-Strande“, was den Kontrast zwischen der lebhaften Bewegung der Welt und seiner eigenen Isolation betont. Der „Wegrand“ symbolisiert einen Ort des Verlassens und des Wartsens, an dem der Sprecher auf den ersehnten Moment hofft, aber nie erreicht. Die Szene endet mit einem Bild der Erschöpfung: „erblindet vom Sonnenbrande“, was auf eine völlige Ermüdung hinweist. Der „Sonnenbrand“ könnte metaphorisch für die wiederholte Enttäuschung und das lange Warten stehen. Das „ermüdete Auge“ schließt sich schließlich, was auf die Aufgabe der Suche und das Eingeständnis hinweist, dass das ersehnte Ziel oder die ersehnte Person nie gefunden werden wird.

Insgesamt beschreibt das Gedicht die unerbittliche Kraft der Sehnsucht und die schmerzhafte Erfahrung des Wartens auf etwas oder jemanden, der niemals eintreffen wird. Mackay fängt die tragische Schönheit dieser ungestillten Hoffnung ein, die sowohl das Leben des Sprechers prägt als auch seine Existenz in einen Zustand des Wartens und der Enttäuschung versetzt. Das Bild des „Wegrands“ steht dabei für den Moment der Resignation, in dem das Auge des Wartenden schließlich in den Schlummer des Aufgebens übergeht.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.