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Meine Ruh‘ ist hin

Von

aus Faust I

Meine Ruh‘ ist hin,
Mein Herz ist schwer;
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Wo ich ihn nicht hab‘,
Ist mir das Grab,
Die ganze Welt
Ist mir vergällt.

Mein armer Kopf
Ist mir verrückt,
Meiner armer Sinn
Ist mir zerstückt.

Meine Ruh‘ ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Nach ihm nur schau‘ ich
Zum Fenster hinaus,
Nach ihm nur geh ich
Aus dem Haus.

Sein hoher Gang,
Sein edle Gestalt,
Seines Mundes Lächeln,
Seiner Augen Gewalt,

Und seiner Rede
Zauberfluß,
Sein Händedruck,
Und ach! sein Kuß!

Meine Ruh‘ ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Mein Busen drängt
Sich nach ihm hin,
Ach dürft‘ ich fassen
Und halten ihn,

Und küssen ihn,
So wie ich wollt‘,
An seinen Küssen
Vergehen sollt‘!

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Gedicht: Meine Ruh‘ ist hin von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Meine Ruh‘ ist hin“ aus „Faust I“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eines der bekanntesten Liebeslieder der deutschen Literatur. Es wird von Gretchen gesungen und drückt ihre völlige seelische Erschütterung durch die Liebe zu Faust aus. Die wiederkehrende Klage „„Meine Ruh‘ ist hin, mein Herz ist schwer““ verdeutlicht ihre innere Unruhe und Zerrissenheit, die ihr Leben völlig aus der Bahn geworfen hat.

Die Liebe erscheint hier nicht als sanfte, beglückende Erfahrung, sondern als eine leidenschaftliche Obsession, die Gretchen völlig vereinnahmt. Sie kann an nichts anderes mehr denken, sieht Faust überall und empfindet die Welt ohne ihn als leblos und sinnlos. Besonders eindringlich wird ihre Fixierung in der Aufzählung seiner Eigenschaften: seine edle Gestalt, sein Lächeln, seine Augen und seine Stimme haben eine fast hypnotische Macht über sie.

In der letzten Strophe steigert sich diese Leidenschaft ins Existenzielle: Gretchens Wunsch, Faust zu küssen, steigert sich zur Vorstellung, sich in dieser Liebe aufzulösen, ja, daran zu „vergehen“. Das Lied zeigt damit nicht nur die übermächtige Kraft der Liebe, sondern auch ihre zerstörerische Seite. Es kündigt bereits die Tragik an, die Gretchens Schicksal bestimmen wird – ihre Liebe ist nicht nur eine tiefe Sehnsucht, sondern zugleich ihr unausweichliches Verhängnis.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.