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Auf dem See

Von

Und frische Nahrung, neues Blut
Saug‘ ich aus freier Welt;
Wie ist Natur so hold und gut,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, wolkig himmelan,
Begegnen unserm Lauf.

Aug‘, mein Aug‘, was sinkst du nieder?
Goldne Träume, kommt ihr wieder?
Weg, du Traum! so Gold du bist;
Hier auch Lieb‘ und Leben ist.

Auf der Welle blinken
Tausend schwebende Sterne,
Weiche Nebel trinken
Rings die türmende Ferne;
Morgenwind umflügelt
Die beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt
Sich die reifende Frucht.

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Gedicht: Auf dem See von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf dem See“ von Johann Wolfgang von Goethe beschreibt eine idyllische Bootsfahrt, die das lyrische Ich mit der Schönheit und Lebenskraft der Natur erfüllt. Die erste Strophe hebt die belebende Wirkung der freien Natur hervor: Die Welt gibt dem Sprecher neue Energie, und das sanfte Wiegen des Bootes im Takt der Ruderbewegungen vermittelt ein Gefühl von Harmonie und Einklang mit der Umgebung. Die majestätischen Berge, die in den Himmel ragen, verstärken den Eindruck von Weite und Erhabenheit.

In der zweiten Strophe mischen sich Erinnerungen und Gegenwart. Der Blick des lyrischen Ichs sinkt nieder, als ob es von alten, goldenen Träumen eingeholt wird. Doch der Sprecher entscheidet sich bewusst für das Hier und Jetzt, denn auch in der gegenwärtigen Welt gibt es Liebe und Leben. Dieser Moment zeigt die Spannung zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, zwischen Erinnerung und unmittelbarem Erleben, eine für Goethe typische Reflexion über die Flüchtigkeit der Zeit.

Die letzte Strophe entfaltet ein poetisches Naturbild voller Licht und Bewegung: Die Wasseroberfläche glitzert im Morgenlicht, Nebel verhüllen die Ferne, während der Wind sanft über die Bucht streicht. Die Spiegelung der „reifenden Frucht“ im Wasser symbolisiert Wachstum und Entwicklung, vielleicht auch die Reifung des lyrischen Ichs selbst. So verbindet Goethe in diesem Gedicht Naturbetrachtung mit einer inneren Reflexion über Vergänglichkeit und Lebensfreude – ein harmonisches Zusammenspiel von äußeren Eindrücken und innerem Empfinden.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

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