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An den Mond

Von

Füllest wieder Busch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;

Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
Froh- und trüber Zeit,
Wandle zwischen Freud‘ und Schmerz
In der Einsamkeit.

Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd‘ ich froh;
So verrauschte Scherz und Kuß
Und die Treue so.

Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
Nimmer es vergißt!

Rausche, Fluß, das Tal entlang,
Ohne Rast und Ruh,
Rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu!

Wenn du in der Winternacht
Wütend überschwillst
Oder um die Frühlingspracht
Junger Knospen quillst.

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Haß verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewußt
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.

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Gedicht: An den Mond von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An den Mond“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine lyrische Meditation über Einsamkeit, Erinnerungen und die Vergänglichkeit des Glücks. Der Mond erscheint als tröstende, sanft leuchtende Kraft, die das Tal in stillen Nebelglanz hüllt und auch die Seele des lyrischen Ichs zu lösen scheint. Er wird mit dem milden Blick eines Freundes verglichen, der Trost und Verständnis schenkt. Diese einfühlsame Naturbeschreibung schafft eine ruhige, fast melancholische Atmosphäre.

Das lyrische Ich schwankt zwischen Freude und Schmerz, während es in der Einsamkeit vergangenen Zeiten nachspürt. Die Bilder von fließendem Wasser und verrauschender Zeit verstärken das Gefühl der Vergänglichkeit: Freude, Liebe und Treue sind vergangen und lassen nur schmerzliche Erinnerungen zurück. Besonders eindrucksvoll ist der Kontrast zwischen dem einstigen Besitz des Glücks und der Qual, es nicht vergessen zu können – eine typische Reflexion über den Verlust des Vergangenen.

In den abschließenden Strophen wendet sich das Gedicht der inneren Einkehr zu. Der Fluss, Symbol für das unaufhaltsame Vergehen der Zeit, wird zum Begleiter des Gesangs des lyrischen Ichs. Doch das Gedicht endet nicht in Verzweiflung, sondern in einer stillen Sehnsucht nach einem Leben fern der Welt, in dem wahre Freundschaft und innere Empfindungen ihren Wert behalten. So vereint Goethe hier Naturbetrachtung, persönliche Klage und philosophische Reflexion zu einer harmonischen, sanften Melancholie.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.