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Auf die Winterszeit

Von

Der Winter hat sich angefangen,
Der Schnee bedeckt das ganze Land,
Der Sommer ist hinweggegangen,
Der Wald hat sich in Reif verwandt.

Die Wiesen sind von Frost versehret,
Die Felder glänzen wie Metall;
Die Blumen sind in Eis verkehret,
Die Flüsse stehn wie harter Stahl.

Wolan, wir wollen von uns jagen
Durchs Feur das kalte Winterkleid;
Komt, laßt uns Holz zum Herde tragen
Und Kohlen dran, jetzt ist es Zeit.

Laßt uns den Fürnewein hergeben
Dort unten aus dem großen Faß!
Das ist das rechte Winterleben:
Ein‘ heiße Stub‘ und kühles Glas.

Wolan, wir wollen musicieren
Bei warmer Luft und kühlen Wein;
Ein ander mag sein‘ Klagen führen,
Den Mammon nie läßt frölich sein.

Wir wollen spielen, scherzen, essen,
Solang‘ uns noch kein Geld gebricht,
Doch auch der Schönsten nicht vergessen,
Denn wer nicht liebt, der lebet nicht.

Wir haben dennoch gnug zu sorgen,
Wann nun das Alter komt heran;
Es weiß doch keiner, was ihm morgen
Noch vor ein Glück begegnen kan.

Drum wil ich ohne Sorgen leben,
Mit meinen Brüdern frölich sein.
Nach Ehr‘ und Tugend thu‘ ich streben,
Den Rest befehl‘ ich Gott allein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf die Winterszeit von Johann Rist

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf die Winterszeit“ von Johann Rist beschreibt den Wechsel der Jahreszeiten und die menschliche Reaktion auf die kalte Winterzeit. Eingangs wird die Natur in frostiger Erstarrung geschildert: Schnee bedeckt die Landschaft, Felder glänzen wie Metall, Flüsse erstarren zu hartem Stahl. Der Kontrast zwischen der üppigen Sommerfülle und der winterlichen Kälte wird dabei besonders hervorgehoben.

Anschließend wendet sich das Gedicht der menschlichen Lebensweise zu, die als Gegenreaktion zur äußeren Kälte dargestellt wird. Wärme und Geselligkeit werden als Mittel genannt, um dem frostigen Winter zu trotzen: Man soll Holz und Kohlen zusammentragen, Wein genießen und sich in warmen Stuben vergnügen. Hier betont Rist eine bewusste Hinwendung zu Genuss und Gemeinschaft als Schutz vor der winterlichen Härte.

Dabei wird die Lebensfreude über materiellen Sorgen gestellt: Musik, Scherzen, gutes Essen und die Liebe werden als wahre Quellen des Glücks beschrieben. Besonders auffällig ist die Absage an übermäßiges Sorgen um Reichtum („Mammon“), der als Gegensatz zu echter Fröhlichkeit erscheint. Die Liebe wird schließlich als essentielles Lebenselixier hervorgehoben – wer nicht liebt, „der lebet nicht“.

Im letzten Teil schlägt das Gedicht einen nachdenklicheren Ton an. Rist erinnert daran, dass das Alter und das Schicksal ungewiss sind und dass niemand weiß, was der nächste Tag bringt. Dennoch ruft er dazu auf, unbesorgt zu leben und Freude zu teilen, während er gleichzeitig die Ernsthaftigkeit von Tugend und Ehre betont. Letztlich vertraut er die unkontrollierbaren Dinge Gott an, was eine tiefe religiöse Haltung erkennen lässt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.