Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , ,

Überall

Von

Überall ist Wunderland
Überall ist Leben
Bei meiner Tante im Strumpfenband
wie irgendwo daneben.
Überall ist Dunkelheit
Kinder werden Väter.
Fünf Minuten später
stirbt sich was für einige Zeit.
Überall ist Ewigkeit.

Wenn Du einen Schneck behauchst
Schrumpft er ins Gehäuse,
Wenn Du ihn in Kognak tauchst,
Sieht er weiße Mäuse.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Überall von Joachim Ringelnatz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Überall“ von Joachim Ringelnatz verbindet auf verspielte und zugleich tiefsinnige Weise die großen Themen des Lebens mit humorvollen Alltagsbeobachtungen. Bereits der erste Vers stellt klar: Wunder, Leben und Geheimnis sind nicht nur an besonderen Orten zu finden, sondern überall – selbst in scheinbar banalen Dingen wie dem Strumpfband der Tante. Diese Perspektive betont die allgegenwärtige Magie und Absurdität des Lebens.

Ringelnatz spielt bewusst mit Gegensätzen: Dunkelheit und neues Leben, Geburt und Tod liegen nah beieinander. In wenigen Zeilen stellt er den natürlichen Kreislauf des Lebens dar, bei dem Kinder schnell zu Vätern werden und alles in stetem Wandel begriffen ist. Die kurzen Zeitspannen, die er nennt, unterstreichen die Vergänglichkeit des Lebens und verweisen darauf, dass überall auch „Ewigkeit“ spürbar ist – ein Paradox, das Ringelnatz auf seine typisch lapidare Weise formuliert.

Im zweiten Teil des Gedichts wendet sich der Ton deutlich ins Komisch-Skurrile. Die Szene mit der Schnecke, die auf einen Atemstoß reagiert oder in Kognak getaucht halluziniert, ist ein groteskes, übersteigertes Bild, das die Grenzen zwischen Ernst und Albernheit spielerisch auflöst. Ringelnatz zeigt hier seine Freude an absurden Bildern, die zugleich die Zerbrechlichkeit und Komik des Lebens verdeutlichen.

Insgesamt verbindet das Gedicht auf kunstvolle Weise philosophische Reflexion mit kindlicher Verspieltheit. Ringelnatz gelingt es, die großen Fragen von Leben, Tod und Ewigkeit in einer leichtfüßigen, humorvollen Form zu behandeln, die zum Staunen, Nachdenken und Schmunzeln gleichermaßen einlädt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.