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Ruf zum Sport

Von

Auf ihr steifen und verdorrten
Leute aus Büros,
Reißt euch mal zum Wintersporten
Von den Öfen los.

Bleiches Volk an Wirtshaustischen,
Stellt die Gläser fort.
Widme dich dem freien, frischen,
Frohen Wintersport.

Denn er führt ins lodenfreie
Gletscherfexlertum
Und bedeckt uns nach der Reihe
All mit Schnee und Ruhm.

Doch nicht nur der Sport im Winter,
Jeder Sport ist plus,
Und mit etwas Geist dahinter
Wird er zum Genuss.

Sport macht Schwache selbstbewusster,
Dicke dünn, und macht
Dünne hinterher robuster,
Gleichsam über Nacht.

Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine,
Kürzt die öde Zeit,
Und er schützt uns durch Vereine
Vor der Einsamkeit,

Nimmt den Lungen die verbrauchte
Luft, gibt Appetit;
Was uns wieder ins verrauchte
Treue Wirtshaus zieht.

Wo man dann die sporttrainierten
Muskeln trotzig hebt
Und fortan in illustrierten
Blättern weiterlebt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Ruf zum Sport von Joachim Ringelnatz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ruf zum Sport“ von Joachim Ringelnatz ist ein humorvoller Appell an eine bewegungsfaule Gesellschaft, sich dem Sport zuzuwenden. Der Sprecher wendet sich an die „steifen und verdorrten“ Büroangestellten und die „bleichen“ Wirtshausbesucher und fordert sie auf, die Bequemlichkeit aufzugeben und sich insbesondere dem Wintersport zu widmen. Die Sprache ist dabei fordernd, aber zugleich augenzwinkernd und übertreibt bewusst die positiven Auswirkungen des Sports.

Ringelnatz lobt den Sport als Allheilmittel: Er macht Schwache selbstbewusster, Dicke dünner, Dünne robuster und vertreibt Langeweile sowie Einsamkeit. Diese umfassende Verklärung wird mit ironischem Unterton präsentiert, der die versprochenen Wunderwirkungen leicht ins Komische kippen lässt. Besonders witzig ist der Hinweis, dass Sport zwar neue Lebensenergie spendet, die Sportler letztlich aber doch wieder ins verrauchte Wirtshaus führt – womit der Kreislauf der Gewohnheiten humorvoll relativiert wird.

Sprachlich lebt das Gedicht von einem flotten, volksliedhaften Rhythmus und Reim, der den aufmunternden Tonfall unterstreicht. Die spielerische Kombination aus ernstem Ratschlag und ironischer Überzeichnung verleiht dem Gedicht eine doppelte Ebene: Es ermuntert tatsächlich zur Bewegung, nimmt dabei aber zugleich die menschliche Trägheit und Selbsttäuschung liebevoll auf die Schippe.

Am Ende wird deutlich, dass der Sport auch der Eitelkeit dient: Wer sich körperlich ertüchtigt, hofft auf Anerkennung und sogar auf ein Weiterleben in illustrierten Zeitschriften. So entlarvt Ringelnatz mit feinem Humor die kleinen Eitelkeiten, die oft hinter edlen Vorsätzen stehen. Möchtest du noch eine Analyse der Reimstruktur dazu?

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.