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Weltende

Von

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

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Gedicht: Weltende von Jakob van Hoddis

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Weltende“ von Jakob van Hoddis ist eine kraftvolle und düstere Vision einer apokalyptischen Katastrophe, die die Welt in Chaos stürzt. Die ersten Zeilen stellen eine groteske Szene dar, in der der „Bürger“ seinen Hut verliert, ein Zeichen für den Verlust von Ordnung und Sicherheit. Die „spitzen Köpfe“ und das „Geschrei“ in den Lüften erzeugen eine Atmosphäre von Unruhe und Verwirrung, die die Welt aus den Fugen geraten lässt. Das Bild des vom Wind verwehten Hutes symbolisiert auch den Verlust von Kontrolle und Struktur in der Gesellschaft.

Der Zusammenbruch der gewohnten Ordnung wird durch die dramatischen Bilder von „Dachdeckern, die ab stürzen und entzwei gehen“, und die „steigende Flut“ an den Küsten weiter verstärkt. Diese Bilder von Zerstörung und Gewalt deuten darauf hin, dass die Welt von elementaren Kräften überrannt wird, die das menschliche Leben und die von Menschen geschaffene Infrastruktur in Gefahr bringen. Der Naturgewalt, die den Menschen und seine Werke zerstört, wird kein Widerstand entgegengesetzt, und der Gedichttitel „Weltende“ lässt keinen Zweifel daran, dass es sich hier um das Ende einer Ära oder vielleicht der gesamten Welt handelt.

In der zweiten Strophe kommt es zu einer weiteren Steigerung der apokalyptischen Bilder. Der „Sturm“, der „wilden Meere hupfen“ lässt, verstärkt die Vorstellung einer Welt, die von unaufhaltsamen, zerstörerischen Kräften überrollt wird. Die Bilder von Naturkatastrophen wie die „dicken Dämme“, die zerdrückt werden, und die „Eisenbahnen, die von den Brücken fallen“, verweisen auf den unaufhaltsamen Verfall von Zivilisation und Technik. Doch inmitten dieses Chaos gibt es auch eine skurrile, fast absurde Wendung: „Die meisten Menschen haben einen Schnupfen“, was als eine Art ironischer Kommentar zur Trivialität menschlicher Sorgen im Angesicht einer apokalyptischen Katastrophe verstanden werden kann. Das Bild des „Schnupfens“ steht in starkem Kontrast zu den großflächigen Zerstörungen und zeigt die Absurdität und Vergänglichkeit menschlicher Besorgnisse angesichts einer überwältigenden Naturgewalt.

Das Gedicht endet mit einem eindringlichen Bild des Weltuntergangs, das die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz und die Macht der Natur hervorhebt. Es vermittelt die Vorstellung einer Welt, die dem Untergang geweiht ist, in der selbst die technologischen Errungenschaften und menschlichen Institutionen keinen Schutz mehr bieten können. Der Ton ist geprägt von einer Mischung aus düsterer Ernsthaftigkeit und einer leichten, fast humoristischen Absurdität, die der Katastrophe eine zusätzliche Dimension verleiht.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.