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Zeitlos

Von

Aus ihren Augen lacht die Freude,
Auf ihren Lippen blüht die Lust,
Und unterm Amazonenkleide
Hebt Mut und Stolz und Drang die Brust:

Doch unter Locken, welche fliegen
Um ihrer Schultern Elfenbein,
Verrät ein Seitenblick beim Siegen
Den schönen Wunsch, besiegt zu sein.

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Gedicht: Zeitlos von Jakob Michael Reinhold Lenz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zeitlos“ von Jakob Michael Reinhold Lenz beschreibt die kontrastierenden Emotionen und Haltungen einer Frau, die sowohl Stärke als auch eine geheimnisvolle Sehnsucht in sich vereint. Zu Beginn wird die Frau als lebenskräftig und voller Freude dargestellt: Ihr Lächeln und die Blüten der Lust auf ihren Lippen symbolisieren eine lebendige, selbstbewusste Persönlichkeit. Ihr „Mut und Stolz“ lassen sie als kraftvolle und unerschrockene Figur erscheinen, deren Brust sich unter dem Amazonenkleid erhebt – ein Symbol für ihre Selbstbehauptung und Unabhängigkeit.

Trotz dieser äußeren Stärke schimmert im Gedicht jedoch eine tiefere, ambivalente Sehnsucht durch. Unter den fliegenden Locken, die ihre Schultern umrahmen, liegt ein „Seitenblick“, der beim Sieg einen „schönen Wunsch, besiegt zu sein“, verrät. Dies deutet darauf hin, dass hinter der Fassade von Stärke und Stolz ein verstecktes Bedürfnis nach Unterwerfung oder vielleicht nach einer Art von emotionaler Hingabe verborgen liegt. Es ist ein faszinierender Gegensatz zwischen äußerer Selbstgenügsamkeit und innerem Wunsch nach Loslassen oder sogar Niederlage.

Die Sprache des Gedichts unterstreicht diesen inneren Konflikt zwischen der sichtbaren Lebensfreude und der verborgenen Sehnsucht. Die Bildsprache ist kraftvoll und sinnlich, wobei der „Amazonenkleid“ und die „Elfenbein-Schultern“ eine majestätische Schönheit darstellen, während der „Seitenblick“ und der „Wunsch, besiegt zu sein“ eine weiche, verletzliche Seite aufzeigen. Diese duale Darstellung verleiht der Figur eine tiefere, zeitlose Komplexität, die weit über die einfache Darstellung von Stärke hinausgeht.

Lenz bringt hier auf subtile Weise die Idee einer Person zum Ausdruck, die zwischen zwei Welten lebt – der Welt der äußeren Stärke und der inneren Zartheit. Diese widersprüchlichen Gefühle könnten sowohl als Kommentar zur Komplexität menschlicher Natur als auch als Reflexion über die oft verborgenen Wünsche und Sehnsüchte verstanden werden, die hinter öffentlichen Masken liegen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.