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Unser Herz

Von

Kleines Ding, um uns zu quälen,
Hier in diese Brust gelegt,
Wüßte mancher was er trägt,
Würde wünschen, tätst ihm fehlen.

Deine Schläge, wie so selten,
Mischt sich Lust in sie hinein
Und wie sind sie schnell, mit Pein
Jede Lust ihm zu vergelten!

Dennoch, weder Lust noch Qualen
Wär‘ weit schrecklicher als das.
Lieber schmelzt mein Herz zu Glas!
Meines Schicksals heiße Strahlen,

Lieben, hassen, streben, zittern,
Hoffen, zagen bis ins Mark.
Ach, das Leben wär‘ ein Quark
Tätest du es nicht verbittern.

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Gedicht: Unser Herz von Jakob Michael Reinhold Lenz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Unser Herz“ von Jakob Michael Reinhold Lenz beschreibt das Herz als ein „kleines Ding“, das dennoch eine enorme Macht über das Leben des Menschen hat. Es ist nicht nur das Organ, das das Leben auf physischer Ebene aufrechterhält, sondern wird hier als Quelle sowohl von Freude als auch von Leid dargestellt. Das Herz wird als „hier in diese Brust gelegt“ beschrieben, was eine gewisse Schicksalshaftigkeit und Unvermeidlichkeit impliziert – es ist etwas, das der Mensch tragen muss, auch wenn es ihm oft Last und Qual bringt.

In der ersten Strophe wird das Herz als ein widersprüchliches Organ dargestellt, das „selten“ Schläge der Freude und Lust erfährt, während die meisten seiner Schläge von „Pein“ begleitet sind. Diese Darstellung zeigt das Herz als ein Symbol für die Unsicherheiten und Leiden des Lebens. Es ist ein Spiegelbild der Zerrissenheit des lyrischen Ichs, das die schmerzhaften, aber auch die freudigen Momente des Lebens erlebt. Doch die „Pein“ scheint überwiegend zu sein, was auf die dominierende Tragik und das leidvolle Streben des Lebens hinweist.

In der zweiten Strophe wird das Herz mit seiner Macht über das Leben weiter thematisiert. Der Sprecher spricht von einem Zustand, in dem weder Lust noch Qualen für ihn schlimmer wären als das Leben ohne das Herz – ohne das, was ihm Leben und Bedeutung gibt. Die Vorstellung, dass das Herz zu „Glas schmelzen“ würde, könnte als der Wunsch nach einer Form der Befreiung von den qualvollen Gefühlen und Zwängen interpretiert werden, doch dieser Wunsch widerspricht der letztendlichen Notwendigkeit, die das Herz für die Existenz des Menschen hat. Das Herz ist zugleich die Quelle der Qualen und der Freude, und ohne diese Quelle würde das Leben bedeutungslos und leer erscheinen.

Die letzte Strophe bringt die Dynamik von Liebe, Hass, Hoffnung und Verzweiflung ins Spiel – alles Gefühle, die das Herz intensiv erleben muss. Es wird klar, dass das Herz die zentrale Rolle spielt, indem es das Leben mit all seinen „heißen Strahlen“ und den damit verbundenen Gefühlen erfüllt. Die letzten Worte des Gedichts – „Tätest du es nicht verbittern“ – verdeutlichen, dass das Herz zwar der Ursprung von allem ist, was das Leben ausmacht, aber auch die Quelle der Bitterkeit und des Schmerzes sein kann. Der Sprecher sehnt sich nach einem Leben ohne diese Qualen, erkennt aber gleichzeitig, dass der wahre Sinn des Lebens nur durch die intensiven Gefühle möglich ist, die das Herz erfährt.

Das Gedicht reflektiert auf eindrucksvolle Weise die Ambivalenz des menschlichen Herzens – es ist sowohl eine Quelle des Lebens als auch eine Quelle von Leid. Es steht für die Komplexität menschlicher Erfahrungen, die aus Freude, Schmerz, Hoffnung und Verzweiflung bestehen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.