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Ironische Landschaften

Von

Brauner Äcker welliger Zug,
Draus zweiarmig eine Mühle wächst.
Ein paar Pflaumenbäume, wahllos hingekleckst,
Ruhn auf eines Hügels schlankem Bug.

In der Ferne seh ich ein paar Föhren,
Stolzen Wuchses, mit Giraffenbeinen,
Und sie scheinen
Mir dem Fiskus zu gehören.

Gleich einem Zuge grau zerlumpter Strolche
Bedrohlich schwankend wie betrunkne Särge
Gehn Abendwolken über jene Berge,
In ihren Lumpen blitzen rote Sonnendolche.

Da wächst, ein schwarzer Bauch, aus dem Gelände
Der Landgendarm, daß er der Ordnung sich beflisse,
Und scheucht mit einem bösen Schütteln seiner Hände
Die Abendwolkenstrolche fort ins Ungewisse.

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Gedicht: Ironische Landschaften von Klabund

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ironische Landschaften“ von Klabund entfaltet eine subtile Kritik an der als idyllisch wahrgenommenen Landschaft, indem es ironische Bilder verwendet, um eine Diskrepanz zwischen dem Erwarteten und dem Realen zu erzeugen. Die Beschreibung beginnt mit einer scheinbar harmlosen Landschaft, in der „braune Äcker“ und eine „Mühle“ auftauchen. Doch die Adjektive „welliger Zug“ und „wahllos hingekleckst“ deuten bereits eine gewisse Künstlichkeit oder Unvollkommenheit an, die den Betrachter auf eine ironische Interpretation vorbereiten.

Die Ironie wird durch die Verwendung ungewöhnlicher Vergleiche und die Personifizierung von Elementen der Natur verstärkt. Die „Föhren“ mit „Giraffenbeinen“, die „dem Fiskus zu gehören scheinen“, und die „Abendwolken“ als „grau zerlumpte Strolche“ sind Beispiele für diese Technik. Diese Bilder brechen die Konventionen der Landschaftsmalerei und erzeugen ein Gefühl der Distanz zum Objekt, wodurch der Leser dazu angeregt wird, die Szene aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Die vermeintlich ruhige Natur wird so zu etwas Unheimlichem, fast Bedrohlichem.

Ein zentrales Element der Ironie ist die Figur des „Landgendarmen“, der als Personifizierung der Ordnung und der staatlichen Gewalt fungiert. Er „scheucht mit einem bösen Schütteln seiner Hände“ die „Abendwolkenstrolche fort ins Ungewisse“. Diese Aktion kann als Metapher für das Bemühen der staatlichen Autoritäten interpretiert werden, jegliche Unruhe oder Abweichung von der Norm zu unterdrücken. Der Gendarm, der aus dem Gelände „wie ein schwarzer Bauch“ wächst, wirkt dabei eher grotesk als beruhigend.

Insgesamt ist das Gedicht eine Reflexion über die Beziehung zwischen Mensch und Natur sowie zwischen Individuum und Gesellschaft. Klabund entlarvt die romantische Verklärung der Landschaft, indem er sie durch ironische und karikierende Bilder verzerrt. Durch die Verwendung von Humor und Übertreibung kritisiert er die autoritären Strukturen und die scheinbare Ordnung, die er in der Natur und im gesellschaftlichen Umfeld wahrnimmt. Die „ironischen Landschaften“ sind somit ein Spiegelbild einer entfremdeten Welt, in der die vermeintliche Idylle durch die Realität der Macht und der Ordnung zerstört wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.