In der Welt
Ich lasse mein Gesicht auf Sterne fallen,
die wie getroffen auseinander hinken.
Die Wälder wandern mondwärts, schwarze Quallen,
ins Blaumeer, daraus meine Blicke winken.
Mein Ich ist fort. Es macht die Sternenreise.
Das ist nicht Ich, wovon die Kleider scheinen.
Die Tage sterben weg, die weißen Greise.
Ichlose Nerven sind voll Furcht und weinen.“
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „In der Welt“ von Paul Boldt ist eine lyrische Reflexion über die Auflösung des Ichs und die Erfahrung einer umfassenden Entfremdung von der Welt. Der Dichter beschreibt eine Erfahrung des Loslassens und der Selbstaufgabe, in der die Grenzen zwischen dem Ich und der äußeren Welt verschwimmen und schließlich gänzlich aufgehoben werden. Die verwendeten Bilder sind von einer expressiven, fast surrealen Natur und erzeugen eine Atmosphäre von Melancholie und Isolation.
Die ersten vier Verse etablieren diese Thematik. Das „Gesicht“ des lyrischen Ichs „fällt“ auf die Sterne, was eine Erfahrung der Schwerelosigkeit und des Verlusts der Kontrolle andeutet. Die Sterne, die „auseinander hinken“, symbolisieren eine Fragmentierung, eine Zerrissenheit der äußeren Welt, die sich im inneren Erleben des lyrischen Ichs spiegelt. Die „Wälder“, die „mondwärts“ wandern und die „schwarzen Quallen“, die ins „Blaumeer“ gleiten, erzeugen ein Bild einer sich auflösenden, sich verändernden Natur, in der das Ich keinen Halt mehr findet. Die abschließenden „Blicke“, die aus diesem Meer „winken“, deuten auf eine distanzierte Beobachtung des eigenen Ichs hin.
In den folgenden Versen wird die Auflösung des Ichs explizit ausgedrückt. Das „Ich“ ist „fort“ und begibt sich auf eine „Sternenreise“, eine Metapher für die Reise in eine andere, möglicherweise kosmische Existenz. Das lyrische Ich distanziert sich von seinem äußeren Erscheinungsbild, den „Kleidern“, die nur noch ein Schein sind. Die „Tage“ werden als „weiße Greise“ dargestellt, die sterben, was den Verfall und die Endlichkeit des irdischen Daseins betont. Der letzte Vers, der von „ichlosen Nerven“ spricht, die „voll Furcht und weinen“, verdeutlicht das Vakuum, das durch den Verlust des Ichs entsteht, eine existenzielle Leere, die mit Angst und Schmerz einhergeht.
Insgesamt beschreibt Boldt in seinem Gedicht eine Erfahrung, die sowohl faszinierend als auch beängstigend ist. Es ist eine poetische Erkundung der Grenzen des Ichs, der Auflösung der eigenen Identität und der Suche nach einer neuen, transzendenten Existenz. Die Verwendung von Bildern aus der Natur, der Kosmologie und der menschlichen Emotionen schafft eine dichte, vielschichtige Atmosphäre, die den Leser in die existenziellen Fragen des Dichters hineinzieht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.