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Husarenwerbung

Von

Dem Fürsten freundschaftlichst zugeeignet.

Der kaiserliche Offizier,
Der wirbt im Dorf Husaren,
Und laut aus seinem Standquartier
Ertönt′s, wie von Fanfaren.

Denn, bleibt der Vogel nur am Leim,
Der Fisch am Wurm nur hangen,
So wird der Pußtensohn daheim
Nur mit Musik gefangen.

Drum setzt man um den Werbetisch
In Ungarn stets Zigeuner,
Die geigen oder blasen frisch
Und werden stündlich bräuner.

Erst halten sich die Bursche fern
Und fluchen den Verleitern,
Doch ihre Mädchen kommen gern
Und tanzen mit den Reitern.

Allmählich folgt wohl einer nach,
Von Eifersucht getrieben,
Und neigt zum Ende sich der Tag,
Ist keiner ausgeblieben.

Und ist, was er erspart, verzecht,
So denkt ein jeder eben:
Des Kaisers Rock ist auch nicht schlecht!
Und läßt sich Handgeld geben.

Noch ist es völlig leer im Saal,
Und nur die Reiter lärmen;
Der Hauptmann setzt sich zum Pokal,
Sich innerlich zu wärmen.

Da sprengt auf schaumbedecktem Roß
Ein Jüngling vor die Schenke;
Der Hauptmann ruft: der schlankste Sproß
Des Landes, seit ich denke!

So mag, mit seinem Tier vereint,
Nur ein Zentaur noch sitzen,
Und in den blanken Locken scheint
Das Auge fortzublitzen.

Er wirft dem Wirt die Zügel hin,
Und, statt sich zu verschnaufen,
Spricht er: nun bleib′ ich, wo ich bin,
Wer will den Rappen kaufen?

Der Wirt besieht das edle Pferd
Zu wiederholten Malen.
»Rasch, rasch, mein Freund, was ist es wert?
Nur mußt du bar bezahlen!«

Der Wirt, der bietet, wie zum Spiel,
Doch schüchtern nur und bange.
»Es ist genug, es ist zuviel!
Sonst währt der Rausch zu lange.«

Der Wirt, der zählt die Münzen auf,
Die sind gar hell erklungen.
»Nun gilt es noch den zweiten Kauf,
Der erste wär′ gelungen!«

»Herr Hauptmann, schaut mich näher an,
Mir wird′s am Maß nicht mangeln,
Drum reiht mich ein als Reitersmann,
Da braucht ihr nicht zu angeln.«

Der Hauptmann drauf: das tu′ ich gleich,
Du taugst in allen Stücken!
Hier hast du Geld und hier den Zweig,
Um dir den Hut zu schmücken.

Doch kaum nur steckt der grüne Strauß,
So schallen Rosseshufen,
Und: gebt den Pferdedieb heraus!
Hört man von fern schon rufen.

Ein Bauer ist′s, zuschanden fast
Hat er den Gaul geritten.
»Bist du es, Herr? So sei mein Gast!
Und laßt euch alle bitten!«

Der Bauer ist vor Ingrimm stumm
Und will den Spötter packen;
Da schwingt ihn der im Tanz herum,
Daß ihm die Rippen knacken.

»Treu dient′ ich dir, doch wollt′ ich Lohn,
So galt es, zuzugreifen!«
Nun rasen aus dem wild′sten Ton
Die Geigen und die Pfeifen.

Der Hauptmann aber lacht und spricht:
Du scheinst mir schlecht beraten!
Pack′ auf! Denn Diebe gibt′s hier nicht,
Hier gibt′s nur noch Soldaten.

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Gedicht: Husarenwerbung von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Husarenwerbung“ von Friedrich Hebbel ist eine satirische Auseinandersetzung mit der Anwerbung von Soldaten, die die fragwürdigen Methoden und die Verlockungen des Militärs in den Vordergrund rückt. Das Gedicht, das dem Fürsten gewidmet ist, enthüllt die Mechanismen der Verführung, die von Musik und Tanz bis hin zur falschen Verlockung des schnellen Geldes reichen, um junge Männer für den Kriegsdienst zu gewinnen.

Hebbel beschreibt zunächst die Szenerie des Dorfes, in dem ein kaiserlicher Offizier Husaren anwirbt. Die Anwerbung geschieht durch geschickte Nutzung von Musik und Unterhaltung, wobei Zigeuner engagiert werden, um die jungen Männer mit ihren Instrumenten anzulocken. Die anfängliche Zurückhaltung der potenziellen Rekruten wird durch die Anwesenheit ihrer Mädchen, die mit den Reitern tanzen, allmählich überwunden. Dies führt zu einer Kette von Ereignissen, die im Übertritt zum Militär gipfeln. Die Eifersucht treibt die jungen Männer dazu, sich anzuschließen, bis am Ende des Tages keiner mehr übrig ist, der sich dem Einfluss der Anwerbung entziehen kann.

Der Höhepunkt des Gedichts ist die Ankunft eines jungen Mannes auf einem edlen Pferd, der zunächst sein Pferd verkauft und sich dann selbst zum Dienst meldet. Dieser junge Mann, der möglicherweise durch die Verlockungen des schnellen Geldes und der vermeintlichen Ehre gelockt wird, symbolisiert die Verblendung und das naive Verhalten, die typisch für junge Männer sind. Die unerwartete Wendung, als ein Bauer erscheint und behauptet, das Pferd sei gestohlen, unterstreicht die moralische Ambivalenz und die fragwürdigen Praktiken des Militärs.

Die Sprache des Gedichts ist lebendig und humorvoll, doch unter der Oberfläche verbirgt sich eine beißende Kritik an der militärischen Kultur. Hebbels Verwendung von Dialogen und szenischen Beschreibungen lässt die Leser direkt in die Geschehnisse eintauchen und die Atmosphäre der Anwerbung hautnah miterleben. Der „Rausch“ des Geldes und die Aussicht auf einen scheinbar ehrenvollen Dienst führen zu einem unüberlegten Schritt. Der Hauptmann, der am Ende lacht und die Soldaten des Diebstahls bezichtigt, verdeutlicht die zynische Haltung der Militärs.

Das Gedicht endet mit einem ironischen Unterton. Hebbel kritisiert die Heuchelei und die unmoralischen Praktiken, die oft mit der militärischen Anwerbung einhergehen, und entlarvt die Verlockungen, die junge Männer in den Kriegsdienst treiben. Die Aussage, dass es hier „nur noch Soldaten“ gibt, ist ein bitterer Kommentar auf die Verwandlung der Dorfbewohner in eine Armee, die für die Interessen des Kaisers in den Krieg zieht.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.